Wo die Liebe hinfällt

Es war unbegrreiflich, aber Jans Anteilnahme um Hajo war anscheinend durch nichts zu erschüttern. Eigentlich war Jan eine einzige Sorge mit seinem inneren Kampf den er wegen seinem Augenlicht führte. Bei Besuchen ließ Jan sich nichts anmerken, machte auf heiter, hoffnungsvoll. Aber sein eigener Krieg führte zum rapiden Gewichtsverlust. Leider konnte Dr. Klee auch dagegen nichts tun. Jan ließ sich ja weiterbehandeln. Irgendwann dachte er, dass die Infusionen reine Verschwendung sei. Er war so entsetzt über sich. Bisher hatte er doch gekämpft, nie aufgegeben solange ein Funken Hoffnung bestand. Warum beherrschte diese grauenhafte Angst diesmal so stark seinen Willen. War der Grund weil es diesmal um ein Sinnesorgan ging. Bei allen Wunden hatte er noch nie um so etwas Wichtiges gebangt
Vielleicht war es gut, dass Jan an den Behandlungstagen zu benommen war, nicht grübeln konnte. Erzwungene Notbremse, die er so nötig hatte, gerade wo er immer mehr Gewicht verlor
Dr. Klee konnte das nicht mehr länger verantworten. Der Erfolg war noch nicht sicher. Aber Jan weiter so der Ungewissheit aussetzen war unverantwortlich. Es m u s s t e geprüft werden ob die Infusionen geholfen hatten
Er bangte mit Jan, als sie zum 2.x den Verband abnahmen und noch mehr als Jan so gar nicht die Augen öffnete, der Dr. ihn wiederholt auffordern musste
Jan hatte Angst, unbeschreibliche, entsetzliche Angst vor dem anhaltenden Dunkel was sich vor ihm auftun würde. Es dauerte grauenhaft lange bis er mit geöffneten Augen dalag, aber stumm, unnatürlich still war Jan
"Herr Maybach, erkennen Sie etwas?" fragte Dr. Klee schon zum 3.x
Endlich bewegte Jan den Mund, aber sein gehauchtes "Ich sehe" war nicht zu hören

Dr. Klee musste es von den Lippen ablesen, fragte: "Sie sehen Herr Maybach, wieder richtig oder wie stellt es sich Ihnen da"
Jan brauchte mehrere Anläufe bis er flüsterte: "Ich sehe, sehe wirklich. Es wackelt, schwimmt irgendwie, so als ob man aus einem langen Schlaf erwacht. Die Farben sind blass, aber ich kann sie erkennen. Ja, ich habe Sie wirklich vor mir, ich kann Sie se......"
Seine Stimme erstickte in Tränen, immer mehr, immer dickere liefen über die Wangen, bis Jan von einem heftigen Weinkrampf geschüttelt wurde
Dr. Klee verließ das Zimmer. Jetzt musste Jan erst mal allein sein, mit dem guten Ausgang fertig werden
Jan glaubte, eine Zentnerlast sei von ihm gefallen. Er konnte wieder sehen. Das war so schön, unbeschreiblich, gigantisch, die richtigen Worte fielen ihm nicht ein. Jan bemerkte nicht wie er fassungslos immer wieder den Kopf schüttelte. Er war unsagbar glücklich, dankbar und es dauerte bis die Freudentränen endlich versiegten
Als Dr. Klee kam, meinte Jan verlegen: "Entschuldigen Sie bitte, dass ich zur Heulsuse wurde. Es ist mir so peinlich
Dr. Klee antwortete: "Braucht es nicht im geringsten Herr Maybach. Eine verständliche Reaktion. Auch Sie der Polizist darf Emotionen zeigen"
"Danke" stieß Jan hervor "1000 Dank, vielen herzlichen, innigen Dank. Ich kann gar nicht in Worte fassen was Sie für mich getan haben"
Dr. Klee entgegnete: "Ist auch nicht nötig. Sagte ja schon, Mediziner bekämpfen Leiden, Sie das Verbrechen. Wir kennen beide den Ausgang nicht und mal ehrlich, Sie haben doch sehr an dem Erfolg gezweifelt"

Jan flüsterte: "Ja und das verzeihe ich mir nie. Diese innerliche Aufgabe, mich nur noch als Blinden zu sehen. Nutzlos für Alles und Jeden. Dabei gibt es unzählige Blinde die still ihr Los tragen. Aber ich schwimme in Selbstmitleid, furchtbar. So darf man sich nicht hängen lassen"
Dr. Klee bestimmte: "Jetzt aber Schluss mit Selbstanklage. Bei Ihnen war es ja auch hart. Andere verlieren durch Krankheit oder Unfall ihr Augenlicht, aber nicht durch grausame Verbrechen wie bei Ihnen. Täter werde ich nie verstehen. Wie bestialisch muss ein Mensch sein, gewollt durch Blendung seinem Opfer die Sehkraft zu nehmen.
Sie erlebten Grauen und dann quälte ich Sie auch noch durch harte Behandlung. Andere schreien, toben bei so etwas. Warum Sie nicht?"
Jan raunte: "Da war ein kleiner Zipfel an den ich mich immer noch klammerte. Trotzdem hätte ich die Behandlung durch meine negative Psyche nicht so gefährden dürfen. Wie konnte ich mich nur so vergessen. Zur Strafe hätte es Nacht um mich bleiben müssen"
Dr. Klee schimpfte: "Hören Sie auf sich runterzuziehen. Ich bewundere wie still und ergeben Sie alles hingenommen haben. Wenn nicht sofort Schluss ist mit den Vorwürfen, verbinde ich Ihnen sofort wieder die Augen
Jan zuckte furchtbar zusammen, sah den Dr. ängstlich an
Dr. Klee lenkte ein: "Ich bin doch kein Barbar. Aber Sie müssen Ihre Augen noch schonen, damit die Undeutlichkeit das Wackeln sich legt. Wenn Sie alleine sind, wäre es gut die Augen mit einer jederzeit abnehmbaren Binde zu bedecken. Später sollten Sie zum Schutz erst mal eine Sonnenbrille tagen. Einverstanden?"
Natürlich war Jan damit einverstanden, wie mit allen anderen Behandlungen auch. Er war gelöst, frei, ohne Angst. Die positive Veränderungen war für alle Besucher nur zu offensichtlich

Das war wieder der alte Jan, so wie sie ihn kannten. Interessiert an allem innerhalb und außerhalb der Klinik. Er ließ sich erzählen, redete jetzt auch selbst viel. Am schönsten aber, dass sein Lachen, was man solange nicht an ihm gesehen hatte, zurück war
Als sei die wieder erlangte Sehkraft wie ein Abtriebsmotor, ging es auch mit der anderen Genesung schnell voran. Bald heilten auch die restlichen Wunden, ließen sich die Glieder endlich wieder richtig bewegen, wurde Jan täglich kräftiger. Lungen-, Bronchen- und Nierenentzündung waren Vergangenheit, Jan fieberte in sein altes Leben zurück
Allerdings machte es ihm zu schaffen, dass Hajo sich noch immer abgeschieden hielt. Lenis tägliche Versuche vergeblich waren. Diese Sorge erfuhren die Ärzte nicht, die glaubten ihn gut genesen entlassen zu können.
Aber dankbar war Jan, dankbar, dankbar. Den Ärzten, die ihm sein altes Leben wieder geschenkt hatten. Genauso wie seinen Lieben, allen Freunden und Kollegen, dass sie ihm beigestanden, geholfen, ihn ertragen hatten.
Er zeigte sich bei Leni und Benni dafür erkenntlich, indem er jetzt wo er zu Hause war, die Wohnung blitzblank putze, köstliche Menüs kochte, dekorierte, hier ein paar Blumen, da kleine Geschenke für die 2. Ansonsten trieb Jan Sport bis zum Umfallen, wollte seine alte Kondition wieder erlangen, wieder topfit sein
Nur 3 Tage hielt es ihn, dann erschien er im Büro, begrüßte Ina und Vince fröhlich: "Hallo ihr 2, könnt ihr Verstärkung gebrauchen?"
Ina stürmte ihm entgegen: "Jan, Jan, du hast es überstanden. Wie geht es dir, wie fühlst du dich. Ach Jan, ich bin so froh, dass es ein gutes Ende nahm"
Jan entgegnete: "Und ich erst, und ich erst. Da ich mich gut fühle, wollte ich den Dienst wieder antreten"
Vince umarmte ihn auch, meinte: "Alter, du glaubst gar nicht wie ich dich vermisst habe"

Jan entgegnete: "Damit habe ich nicht gerechnet. Muss doch schön für dich gewesen sein dich grenzenlos auszutoben, deine Abenteuer abzuziehen, mit denen du uns immer so schockst"
Vince erregte sich: "Nichts Abenteuer. Ich war aus Sorge um dich wie gelähmt. Mensch Jan, wenn ich bedenke wie wir dich gefunden haben, wie elendig du in der Klinik lagst"
Jan neckte: "Muss schlimm für dich gewesen sein, dass Keiner zum ärgern da war. Schätze, dann wird es jetzt um so dicker für mich kommen"
Vince maulte: "Du willst nicht kapieren Jan, dass mein Ärgern Spaß ist, mir angeboren. Kaufst mir nicht ab, dass ich aus Angst um dich fast wahnsinnig wurde"
Jan beschwichtigte: "Schon gut, schon gut Vince. Kapiert, dass eine hat mit dem anderen nichts zu tun und ich habe ja in der Klinik gesehen, nein falsch, mitbekommen, wie besorgt du warst. Danke dir und natürlich auch dir Ina noch mal ganz herzlich für die Rettung"
Ina fragte besorgt: "Trotz allem willst du schon wieder Dienst tun Jan. Die Schrecklichkeiten kannst du doch noch nicht vergessen haben?"
Jan entgegnete ernst: "Nein, noch nicht vergessen. Weiß auch nicht, wann und ob das je der Fall sein wird. Aber entschlossen damit zu leben und dazu gehört auch der Dienst. Wenn ihr mich ertragen könnt?"
Ina schimpfte: "Idiot Jan, was soll die blöde Bemerkung. Aber du bist auch wirklich ganz gesund?"
Jan entgegnete: "Bin ich, nur die Sonnenbrille muss ich euch noch etwas zumuten"
Vince rief: "Wenn es nicht mehr ist Jan. Solltest du immer tragen, so entgehe ich deinen vorwurfsvollen Blicken"
"Und das Ärgern beginnt" stöhnte Jan

Ina musste lachen
Jan fragte jetzt: "Ist Hajo nicht da?"
Ina erregte sich: "Jan, ich sagte dir doch in der Klinik oft genug, dass Hajo als er von Helens Taten erfuhr, davon ist und seitdem nicht gesehen wurde. Oder hatte Leni inzwischen Glück?"
Jan schüttelte den Kopf: "Kann mir aber nicht vorstellen, dass Hajos Fernbleiben an den Kollegen liegt. Wir sind doch alle vernünftig. Können ohne Spott mit allem umgehen"
Ina erklärte: "Die waren schon sehr entsetzt, dass Hajos Traumfrau dich so durch die Hölle schickte Jan. Wir um dich, du um dein Augenlicht bangen musstest. Aber jeder sagt, dass Hajo nichts dafür kann, keine Ahnung hatte. Deswegen braucht Hajo sich nicht zu verkriechen"
Jan zischte: "Dann steht sein verdammter Stolz dem Sturkopf im Weg. Wir haben uns nichts vorzuwerfen, denn wie die Anderen haben und wünschen wir Hajo ja immer noch die richtige Frau an seiner Seite. Oder wie sieht das bei dir aus Vince. Immer noch die Einstellung ein alter Knacker hat sich nicht zu verlieben?"
Vince beteuerte: "Jeder Mensch hat in jedem Alter einen lieben Partner verdient. Habe deine Lektion gut gelernt Jan. Werde mich hüten etwas anderes raus zu lassen"
Jan grollte: "Das rate ich dir auch, sonst kriegst du nämlich so eine aufs Maul, dass du 1 Woche die Lippen nicht auseinander bekommst"
Vince grinste: "Für einen gerade Wiedergenesenen nimmst du den Mund ziemlich voll"
Ina meinte: "Vince, nimm Jan ernst, er macht keine leeren Versprechungen. Aber Jan, wenn ich das fragen darf, warum verteidigst du Hajo noch immer. Er hat dich in den Boden gestampft, Grund für immer mit ihm zu brechen"

Jan flüsterte: "Es ist vorbei, ich habe es überstanden. Leni soll auch wieder einen Vater haben. Weiß selbst wie schlimm es ist, wenn der Erzeuger zwar da ist, sich aber nicht um einen kümmert. Leni soll nicht gleiches widerfahren. Aber Hajo nach all den Jahren zu begegnen und ihn wie Luft behandeln, dass bringe ich nicht fertig. Verdammt ich machte auch schon Fehler, eine Menge sogar. Hajo hat sie jetzt gemacht. Trotzdem muss es doch wieder eine Brücke geben"
Leise meinte Ina: "Jan die Narben die du davongetragen hast zeichnen dich aber ewig. Vergiss das nicht.
Verbissen entgegnete Jan: "Stimmt, aber sie vermischen sich mit alten Narben. Was sagt denn eigentlich unser hoher Chef zu Hajos Verhalten?"
Ina erklärte: "Hajo hat für unbestimmte Zeit um unbezahlten Urlaubb gebeten. Inzwischen kocht er aber. Will Hajo gar rauswerfen, wenn er nicht bald erscheint. Dagegen ist auch ein Hauptkommissar nicht geschützt"
Jan meinte: "Wenn man nur wüsste, wie man den felsigen Sturkopf zur Vernunft bringt"
Da aber keiner Rat hatte ließ Jan sich jetzt einweisen. Die Zusammenarbeit klappte bei so einem guten Team natürlich schnell wieder. Nur immer wenn Jan an Hajos leerem Büro vorbeikam schüttelte er den Kopf

Am 3. Tag sprang Jan plötzlich auf, rief: "Jetzt reichts. Ich werde Hajo jetzt holen und wenn ich ihn ins Büro schleifen muss"
Entsetzt kam es von Ina: "Jan du bist lebensmüde"
Jan entgegnete: "Bin ich nicht, aber fest entschlossen dem Zirkus ein Ende zu machen, kommst du mit Ina?"
Ina bat: "Jan lass es, du bemühst dich vergebens"

Vince meinte: "Jan das geht nach hinten los. Mache dich nicht zum Clown"
Jan entgegnete: "Ja, vielleicht wird das eine Zirkus-Nr. Komme ich allein zurück dürft ihr mich stundenlang auslachen" und war schon draußen
Da halfen alle Rufe von Ina und Vince nicht mehr

Jan parkte das Auto etwas abseits und geschützt von Hajos Haus. Geduckt schlich er sich durch den Garten von hinten heran, klingelte. Es rührte sich nichts
Überzeugt, dass Hajo da war, klingelte Jan wieder, ließ lange den Finger auf dem Knopf
Geräusche waren zu hören
Jan machte sich dünn, drückte sich ganz fest an die Wand neben der Haustür
Noch kurz, dann öffnete sich cm-weise die Tür
Hajo sah natürlich Niemanden, musste in den Türrahmen treten
Ein flinker Schritt, dann stand Jan vor ihm
"Jan, du, du" stammelte Hajo, wollte die Tür wieder zuschlagen
Schnell stellte Jan einen Fuß dazwischen, drängte Hajo gleichzeitig ins Haus hinein
Hajo stotterte: "Jan was soll das. Mach sofort das du rauskommst"
Jan aber verkündete: "Hauptkommissar Hans-Joachim Trautschke ich verhafte Sie wegen unerlaubtem Fernbleiben von Ihrer Dienststelle und endloser Arbeitsverweigerung. Ich werde Sie sofort ins Präsidium überstellen"
"Hast du den Verstand verloren Jan, raus habe ich gesagt" rief Hajo

Unberührt überlegte Jan laut: "Handschellen können wir uns wohl sparen, du wirst dir bestimmt keinen Wettlauf mit mir liefern wollen"
Hajo brüllte: "Jan sofort hörst du mit dem Theater auf, sprichst Klartext"
Jan entgegnete: "Ich machte dir laut und deutlich deine Vergehen klar, ziehe jetzt die Verhaftung durch, bringe dich zum Präsidium"
"Du spinnst Jan, komme zur Vernunft" schrie Hajo
Jan entgegnete ruhig: "Du bist hier der Unvernünftige, denn ich meine es ernst, todernst sogar" lief Jan jetzt umher.
Nahm den Mantel von der Garderobe, legte ihn Hajo über die Schultern, feixte: "Ist doch recht kühl draußen, damit du dich nicht erkältest"
"Wo haben wir denn" lief er dann suchend umher
Hajo stand da, fuchtelte mit den Armen, raufte sich die Haare, trat einen Schritt nach rechts, nach links, stammelte immer die gleichen abgebrochenen Sätze: "Jan mach dich raus. Was soll das alles. Du bist wahnsinnig. Sofort aufhören"

Jan machte unbekümmert weiter, zog ein Fach auf, meinte: "Ah, da haben wir sie ja, Dienstmarke, sehr wichtig" und steckte sie trotz Hajos Abwehr in seine Tasche, lief weiter umher, sprach zu sich selbst: "Aber da fehlt doch noch, wo ist sie denn....
Es fiel ihm ein, holte erst einen Schlüssel, öffnete dann ein verdecktes Fach in der Wand, stieß aus: "Verschlossen. klar, vorschriftsgemäß wie es sich für eine Waffe gehört" steckte er diese Hajo einfach zwischen den Gürtel, überlegte laut: "So, jetzt müsste alles komplett sein"
Hajo brüllte jetzt: "Schluss jetzt Jan, du verlässt sofort mein Haus"
"Ganz genau, aber mit dir" entgegnete Jan
"Ich gehe nicht ins Präsidium und damit basta" donnerte Hajo
"Ach komm Hajo, du willst dich doch nicht etwa mit mir prügeln. Sorry, aber du ziehst den Kürzeren" meinte Jan
"Und jetzt ab ins Präsidium" packte er Hajo bei den Schultern, schob ihn voran
"Nein ich will nicht" stemmte sich Hajo dagegen
Jan schob noch fester, meinte: "Diesmal kommst du mit deinem Dickkopf nicht durch. Gegen meinen Willen, der hart wie Granit sein kann, hast du keine Chance" schob er Hajo schon durch die Tür
Hatte die Treppe runter, durch den Garten seine Mühe mit ihm. Wie ein trotziges Kind stemmte sich Hajo gegen den Druck, wiederholte immer wieder: "Schluss, ich will nicht, aufhören, gehe da nicht hin"
Auf der Straße meinte Jan: "Hajo wenn du dich nicht zur Lach-Nr. vor deinen Nachbarn machen willst, höre jetzt auf mit diesem Kinderkram"
Hajo durchbohrte Jan mit einem Blick der ihn hätte durchstechen können

Jan beachtete das nicht. Nahm Hajo jetzt am Arm, weil das weniger auffallend war. Musste aber doch kräftig ziehen, bis er ihn am Auto hatte. Ehe Hajo sich versah, drückte Jan ihn in den Sitz. Hajo wollte wieder hochfahren
"Sitzenbleiben" zischte Jan, gurtete ihn noch an. Sekunden später fuhr er los
"Du bringst mich nicht zum Präsidium, sofort umdrehen" schrie Hajo
Ruhig meinte Jan: "Hajo merkst du gar nicht, dass du dich aufführst wie ein bockiges Kind?"
Hajo schrie: "Du bist es der sich hier aufführt. Wie kannst du es wagen mich gegen meinen Willen ins Präsidium zu bringen. Ich werde es nie wieder betreten"
Jan meinte gelassen: "Dann hast du sicher auch eine Erklärung warum du nicht mehr dorthin willst, nicht mehr arbeitest, keinen an dich ranlässt"
"Dazu musst du anhalten" rief Hajo
"Erklärung" forderte Jan, einfach weiterfahrend
Hajo schrie: "Das weißt du nur zu gut. Warst der Einzige der furchtbar gequält wurde. Genauso schlimm wie ich dich mit meinem Zorn niedermachte. Das verzeihe ich mir nie. Kann dich nicht mehr ansehen, ertrage es nicht dich um mich zu haben. Das kannst auch du nicht vergessen. Sagst du was anderes lügst du"
Jan stöhnte: "Hajo das hatten wir doch in der Klinik schon. Helen schickte mich durch die Hölle, nicht du. Ja, dein Zorn hat mich sehr getroffen. Bin noch nie so beleidigt, gedemütigt worden. Es schmerzt auch immer noch irgendwie. Aber ich verurteile dich nicht. Alles was wegen Emotionen geschieht ist entschuldbar. Allein schon wegen Leni will ich keinen Krieg zwischen uns. Solltest du mich trotzdem überhaupt nicht mehr ertragen kann ich mich versetzen lassen"

"Aber alles kein Grund warum du deinen Beruf an den Nagel hängst, dass Gebäude, aus dem du sonst nie rauskommst, nicht mehr betreten willst. Die richtige Wahrheit würde dir besser zu Gesicht stehen Hajo" endete Jan
Aufgebracht rief Hajo: "Beruf, Pah, spotten. lästern, höhnen werden Alle. Ist nichts mehr Hauptkommissar, eine Lach-Nr. bin ich. Mit den Fingern zeigen sie auf den alten Knacker. Selbst schuld an allem. Recht geschieht ihm, dass er ausgenommen wurde. Ein klappriger Senior hat sich nicht mehr zu verlieben. Ist doch kein Polizist wenn er auf eine Betrügerin reinfällt. Jeder, aber absolut Jeder wird mich höhnisch angrinsen. Sie zeigen mit den Fingern auf mich. Kann mich gleich an die Infotafel stellen als Clown der ganzen Polizei. Das ist kein Arbeiten mehr, nur noch ein einziger Spießrutenlauf. Selbst ihr 3 werdet hinter mir hertuscheln oder mich frech anschauen, weil ihr auf Einzelheiten, was alles mit Helen ablief, scharf seid. Nein, nie wieder will ich einen sehen oder hören. Habe den Schlussstrich gezogen. Dabei bleibts und jetzt befehle ich dir umzudrehen, sofort"
Jan fuhr einfach weiter, meinte aber ganz ruhig: "Hajo, ist dir nie durch den Sinn gegangen, dass du falsch liegst. Es nicht so ist wie du annimmst. Überzeuge dich, dass Keiner über dich spottet, sich alle normal verhalten. Ich begreife nicht, dass du nur wegen deiner vorgefassten Meinung den Beruf an den Nagel hängst, das was dein Lebensinhalt war. Das bist doch nicht du"
Hajo schrie: "Du machst mir nichts vor. Ich weiß genau, dass alles zutrifft was ich sage"
Jan schwieg kurz, aber nur weil er Ausschau nach einem Parkplatz hielt. Jetzt stand der Wagen und Jan begann ruhig: "Hajo das Wichtigste zuerst. Du bist ein klasse Polizist, hast es weit gebracht, bist mit den Entwicklungen der Polizei gegangen. Viele bewundern dein Fachwissen, deine Kenntnisse. Aber bei deiner Einstellung wird es Zeit
dass mal ein Ruck durch dich geht, du umdenkst, aber gehörig"

Jan erklärte: "Es gehört in die heutige Zeit, dass man sich in jedem Alter verliebt, es nicht nur uns Jungen vorbehalten ist. Wir Angehörigen, also Leni und ich wünschen dir schon lange eine Frau an deiner Seite, weil wir dich glücklich sehen wollen. Deswegen musst du nichts verheimlichen, dich nicht schämen. Jeder hat das Recht geliebt zu werden, auch du Hajo, auch in deinem Alter. Es wäre für uns eine solche Freude, wenn endlich die passende da ist. Im Team ist das nicht anders. Jeder von uns gönnt dir Glück, Harmonie. Das gilt fürs ganze Präsidium. Es trifft nämlich nichts zu von dem was du dir vorspinnst. Da wurde nicht der leiseste Spott laut. Wenn du nicht so furchtbar stur und verbohrt wärst, würdest du das auch nicht annehmen. Doch für dich sind wir die Jungen, Unerfahrenen, ungehobelten Klötze, die sich überall ihren Spaß machen. Die man nicht für voll nehmen kann, denen noch soviel an Reife fehlt. Verdammt, sieh endlich ein, dass auch wir Jungen Lebenserfahrung haben, alles reife, vernünftige Menschen sind, die nie über dich spotten würden. Na ja, bei dem losen Mundwerk von Vince bin ich mir nicht ganz sicher. Aber wenn der nur eine Silbe rauslässt kriegt er eine aufs Maul. Aber wir Anderen. Teufel noch mal Hajo, wie alt müssen wir denn noch werden, bis du uns für lebenserfahren hältst. Man braucht doch keine 60 zu sein um zu wissen was Sehnsucht ist, der Wunsch nach Harmonie. Auch mit 40 weiß man schon, dass man an die/den Falschen geraten kann. Man liegt nicht aus Blödheit daneben, sondern weil uns unsere Emotionen falsch lenken. Da können wir nichts dafür, die steuern eben nun mal nicht immer ins Glück. Warum erkennst du einfach nicht an, dass wir genau soviel Erfahrung haben wie du. Jeder Polizist hat mit allem zu tun was das ganze Leben, die Welt, verschiedenste Menschen ausmacht. Das hat nicht nur dich, dass hat uns alle geprägt, erfahren, reif, umgänglich gemacht, den Ernsthaftigkeitsstempel aufgedrückt."

Jan fuhr fort: "Vom Privaten anderer Kollegen weiß ich nicht viel. Aber nimm doch nur Ina. Die ging wegen Wolf durch eine harte Schule. Kann wegen Paul gar nicht verantwortungslos sein. Lenis Erfahrungen kennst du selbst am besten. Und ich. Schon meine Kindheit war keine Komödie wegen meinem Vater. Bei Anja sah ich doch auch schnell wie sehr ich mich getäuscht hatte. Genau wie du bei deinen Frauen. Bei Anja war ich mir absolut sicher, dass es die ewige Liebe ist. Selbst danach konnte ich nicht einfach sagen, falsch gedacht, suche dir eine neue Frau. Da war Benni und es ist bestimmt nicht einfach Gefühle zu unterdrücken, dafür aber Beruf, Erziehung, die ganzen Sorgen um den Jungen, unter einen Hut zu bringen. Viele Probleme mit Benni hast du hier noch selbst erlebt. Wirke ich auf dich wie ein Clown, habe ich meine Reifeprüfung bei dir denn immer noch nicht bestanden. All die anderen Fälle, Probleme, meinst du es sei alles zu lösen gewesen, wenn ich ein Witzbold wäre. Nee Hajo, bei dir ist eine Totalumwandlung nötig. Die Einsicht, dass du die Lebenserfahrung nicht gepachtet hast. Wir, Alle, ich sind geprägt von einer Reihe Erlebnissen, manchmal sehr schmerzvollen sogar. Wird Zeit, dass du das endlich akzeptierst. Auch mit einigen Jahren weniger auf dem Buckel sind wir Vertraute, Verständnisvolle, Verständige, Gefühlsverwandte, die alles so gut einschätzen können wie du. Denk mal darüber nach"
"Ja aber, aber" stotterte Hajo
"Nachdenken Hajo, nicht losplappern" meinte Jan ruhig und fuhr weiter
Beim Präsidium blieb Hajo sitzen, stammelte: "Ich kann da nicht reingehen"
"Du gehst" bestimmte Jan
Hajo schüttelte den Kopf
"Willst du hier vor den Kollegen den gleichen Aufstand proben wie vor deinem Haus?" fragte Jan

Es dauerte ewig bis Hajo ausstieg, zeitlupenhaft zum Gebäude ging, den Kopf gesenkt, sich scheu nach allen Seiten umschauend
Da ertönte es schon: "Morgen HK Trautschke - Lange nicht gesehen Hajo - Geht es dir gut Hajo - Schön Sie zu sehen HK Trautschke"
Bei Keinem war Spott zu hören. Keiner grinste unverschämt. Hajo sah allen nach als begreife er die Welt nicht mehr. Als sei alles unwirklich, träume er nur
Als Jan ihn ins Büro schob brachte Vince nur: "Äh, Äh" hervor. Dann bekam er den Mund nicht mehr zu
Ina überwand ihr Erstaunen schneller, meinte: "Hallo Hajo, schön das du da bist. Dein Büro setzt schon Staub an und die Arbeit erschlägt dich bald"
Unsicher ging Hajo erst zu Ina, dann zu Vince, öffnete bei beiden den Mund, brachte aber nichts heraus, stand verloren da
Jan meinte: "Dein Reich wartet" schob ihn sanft in sein Büro, drückte ihn in den Sessel
Von ihren Tischen nahm Jan Akten. legte sie vor Hajo, erklärte: "Hier die aktuellen Fälle, ließ dich ein. Schlage vor von 13.-14.00 Uhr dann Lagebesprechung und danach erwarten wir deine Anweisungen"
Einen verdatterten Hajo zurücklassend schloss Jan die Tür, sank mit einem Seufzer erschöpft auf seinen Stuhl
"Mensch Jan, wie hast du das bloß geschafft, kannst du zaubern?" fragte Ina noch immer total erstaunt
Kraftlos antwortete Jan: "Frage lieber nicht, ein 8000 ist leichter zu ersteigen" gab er alles in Kurzform weiter
Vince maulte: "Schade, freute mich schon dich mal herzhaft auszulachen Jan"
Jan grinste: "Irgendwann wirst du sicher mal die Gelegenheit dazu kriegen"

"Spinnst du, Hajos Rückkehr ist doch viel schöner" fuhr Ina Vince an
"War ein Scherz" wehrte Vince ab
Jan fragte: "Es bleibt doch dabei, kein Lästern, wir behandeln Hajo ganz normal?"
Ina nickte heftig
"Vince?" fragte Jan scharf
"Werde mir doch von dir den Mund nicht verbeulen lassen. Den brauche ich noch für unzählige Küsse" entgegnete Vince
"Oh Himmel hilf" schlug Jan die Augen nach oben

Zu gegebener Zeit hielten sie Lagebesprechung.
Auch wenn Hajo noch unsicher, verlegen, gehemmt war, je mehr sie diskutierten, ihn einbezogen, je lockerer wurde er
Er wollte es nicht, doch die 3 machten ihm klar, dass sie auf seine Anweisungen warteten
Die Stunden verliefen angespannt. Hajo war noch verlegen. Aber hier arbeitete wieder ein klasses Team mit einem schlauen Fuchs als Chef
Feierabend. Ina und Vince waren schon weg
Da meinte Jan zu Hajo: "Auf dich wartet jetzt ein Festmahl von Leni"
Hajo sträubte sich: "Nein Jan, das geht nicht. Zu Leni, ich kann nicht......"
Jan meinte: "Wenn Leni sich umsonst die Mühe machte, wirst du von ihrer Wut erschlagen"

"Also komm" zog Jan Hajo sanft am Arm
Hajo schwieg bis zur Wohnung
Jan wollte jetzt auch nicht in ihn eindringen
Zögernd stieg Hajo die Treppe hoch. Jan schob ihn in die Wohnung, dort stammelte er: "Leni ich weiß nicht was ich sagen soll. Habe keine Erklärung für mich, mein Verhalten, für gar nichts"
Leni umarmte ihn: "Du hast dir die absolute Härte geliefert und keiner hatte mehr darunter zu leiden wie Jan. Von der Schuld kann ich dich nicht freisprechen. Darf dich aber auch nicht verurteilen, weil ich leider den gleichen Sturkopf habe wie du. Jetzt ist Frieden, sonst bekomme ich nämlich gehörig Ärger mit der Sanftmut Jan und das halte ich dann nicht aus"
Als man sich später beim Essen zuprostete, stieß Hajo hervor: "Danke Jan. Du hast so recht mit allem was du sagtest. Ich weiß nicht wann und ob ich es befolgen kann. Verspreche dir aber mich wirklich zu bemühen. Aber es ist schwer, so, so, so........"
"Ist o.k. Hajo, habe verstanden, bevor du dir die Zunge verrenkst. Prost" stieß Jan sein Glas an Hajos
"Klärt mich auf, was das eben zu bedeuten hatte?" fragte Leni aufgeregt
"Männersache Schatz, reine Männersache" grinste Jan augenzwinkernd

E N D E

Hallo Walli,
wow, da hast du ja wieder eine tolle Geschichte niedergeschrieben!!
Wie viele Andere hab auch ich deine Geschichte täglich mitverfolgt
und sie hat mir wieder gut gefallen.

Freue mich schon auf deine nächste??
LG
Moritz

Hallo Walli,
ja danke wieder für die tolle Geschichte die ich mit Spannung verfolg habe. Vielleicht fällt dir ja jetzt trotz großer Hitze wieder eine neue Geschichte ein um das "Sommerloch" zu stopfen. Ich würde mich wie alle anderen auch sehr freuen. L.G. Kathy