Wenn der Magen knurrt

Leni entgegnete: "Ich habe es gestern ernst gemeint, dass ich täglich bei Benni bleibe und du findest Schlaf"
Jan wehrte ab: "Leni, dass kann keine Dauereinrichtung werden. Es ist nicht abzusehen wielange es mit Benni dauert"
"Soll ich annehmen, dass du zu einer Schwester nachts mehr Vertrauen hast Benni ihr zu überlassen als zu mir" spielte Leni die Entrüstete
"Aber Leni, wie kannst du sowas annehmen" krächzte Jan entsetzt
Leni gab ihm einen Schubs: "Dann mache dich jetzt endlich davon. Das Bett wartet"
Jan flüsterte Benni zu: "Schön brav sein, mein Großer. Jetzt passt nämlich die Frau auf dich auf die dich nach mir am meisten liebt"
Er küsste Leni noch, machte sich dann schnell hinaus

Heute schlief Jan, so geschafft wie er war, noch schneller ein als am Vortag und auch noch fester. Er wälzte sich aber trotzdem unruhig, wegen der inneren Angst um Benni, hin und her.

Bei Leni fragte Dr. Wend: "Hatte Herr Maybach von dieser Nacht etwas Besonderes zu berichten?"
"Was meinen Sie?" fragte Leni erstaunt

Dr. Wend schmunzelte: "Also Herr Maybach würde nie von Bennis Seite weichen ohne Bescheid zu geben und die Schwester ist ein As Geheimnisse rauszukitzeln"
Ängstlich fragte Leni: "Jetzt halten Sie Jan bestimmt für total bekloppt. Werden ihn herunterputzen und ihm die Schnüffelei verbieten?"
Dr. Wend erklärte: "Da kennen Sie mich aber schlecht. Also, 1. halte ich Herrn Maybach keineswegs für bekloppt. Zeigt es doch umso mehr wie sehr er seinen Sohn liebt. Nichts, aber auch gar nichts auslässt um ihm zu helfen.
2. habe ich nicht das Recht zum Schimpfen. Herr Maybach hat weder der Klinik noch Benni Schaden zugefügt. Was er außerhalb des Hauses tut geht mich nichts an. Zumal es sich ja um nichts illegales handelte. 3. Verbieten kann ich Herrn Maybach schon gleich gar nichts. Er ist Polizist, macht praktisch seine Arbeit. Auch wenn es nicht zu seinen Aufgaben zählt. Letzlich will ich es ihm auch nicht verbieten. Denn wenn ich ihn jetzt stoppe, ja dann wird Herr Maybach vielleicht wirklich bekloppt, wenn er nur die Hände in den Schoss legen kann. Überlegen wir doch mal. Wenn er nun wirklich einen Volltreffer landet und, wie auch immer, auf den Auslöser von Bennis Vergiftung stößt, könnten wir endlich gezielt behandeln. Wird vielleicht schnell der Fremdstoff aus Benni heraus sein. Ich bin mir sicher, Herr Maybach ist Realist genug um zu wissen, dass ein Treffer mehr Wunschdenken ist"

Hallo Walli,
nun will ich mich aber endlich mal melden nachdem ich deine Geschichte schon wieder vom ersten Tag an verfolge. Sie ist etwas anders als deine vorherigen Geschichten, gefällt mir aber trotzdem und ich werde sie natürlich fleißig weiterverfolgen. L.G. Kathy

Hallo Kathy, ja die Story ist anders. Aber solange es dir gefällt freut mich das LG Walli

Dr. Wend fuhr fort: "Aber genau wie wir Ärzte bei der Behandlung, lässt ein Polizist nichts ungeschehen, und sei es noch so utopisch, um eine Lösung zu finden. Bei Herrn Maybach zählt alles doppelt. Er handelt nicht nur als Polizist, er handelt noch viel mehr als Vater. Ein Vater, der immer noch so klar denken kann, um vielleicht sein Vorhaben einzustellen, weil er merkt das es sinnlos ist. Aber zunächst muss mal alles ausgeschöpft werden. Auch wenn Sie das jetzt wundert, ich würde so sehr wünschen, dass Herr Maybach ganz schnell den Volltreffer landet
Mehr beunruhigt bin ich über ihn selbst, weil er sich total übernimmt. Bennis Zustand zerreißt ihn so schon genug, er gönnt sich keine Ruhe. Bin mir sicher, dass selbst im Schlaf Herrn Maybachs Unterbewusstsein voll von Sorge um Benni ist. Findet er im Asia-Blitz nichts geht seine Verzweiflung ins uferlose. Ich habe Angst, dass wir ihn bald als Patient hier haben wegen Kreislaufkollaps, Nervenzusammenbruch o.ä. Aber sagen Sie ihm das nur nicht"
"Das heißt, Sie wollen Jans Aktivitäten nicht unterbinden?" fragte Leni vorsichtig
"Das gemeinsame Wissen bleibt unser kleines Geheimnis. Ein Verbot würde für Herrn Maybach alles noch verschlimern. Er hätte das Gefühl etwas für Benni unterlassen zu haben" entgegnete Dr. Wend

So fertig Jan auch eingeschlafen war, so pünktlich wachte er wieder auf

Nach dem gleichen gestrigen Ablauf erschien er bald in der Klinik
Leni meinte: "Glaubst du mir jetzt, dass ich auch eine gute Schwester bin oder siehst du eine negative Veränderung bei Benni?"
Jan seufzte: "Schatz, musst du mich denn immer ärgern?"
Leni entgegnete locker: "Nein, ich wollte dich nur ein bisschen aufheitern, damit du wenigstens ab und zu mal lächelst"
Schuldbewusst schlug Jan die Augen nieder: "Entschuldige, es tut mir leid, dass ich dich total vernachlässige"
Leni umarmte ihn: "Kein Grund zur Entschuldigung Jan. Benni steht jetzt an 1. Stelle und sonst gar nichts. Aber weißt du schon was du diese Nacht machst?"
Jan schüttelte den Kopf: "Ich bin noch so zweigeteilt. Einerseits gestehe ich mir ein, dass es totaler Quatsch ist. Andererseits ruft es da in mir ich könnte doch auf etwas stoßen"
Leni meinte: "Hast ja noch Stunden zum Überlegen. Rufst du mich an wenn du losfahren solltest?"
Jan sah sie erschrocken an

Leni beteuerte: "Ich werde dir bestimmt nichts auszureden versuchen. Möchte einfach nur wissen wo du bist"
"Ich rufe an, großes Ehrenwort" flüsterte Jan

Wieder mit Benni allein dachte er: "Ach Großer, du liegst so friedlich da, als ob du eine Schlafkur machst. Dabei hast du so einen bedrohlichen Feind in dir. Aber du wirst ihn besiegen, nicht wahr Junge. Bist doch mein tapferer Indianer"
So versunken gingen Jan unzählige Gedanken durch den Kopf bis zurück zu Bennis Geburt. Dabei sein wollte er. Ganz knapp war es geworden, hatte sie doch gerade der Fall lange hinausgetrieben. Dreckig, verschwitzt wie er war er dann endlich zu Anja gerast, wo die Wehen gerade begonnen hatten. Damals war sie noch vernünftig, hatte ihn ganz lieb empfangen, gemeint, er solle sich nicht so abhetzen. Ganz ruhig war sie auf der Fahrt, von den Wehen mal abgesehen. Wie ein Marathonlauf war es ihm vorgekommen als er die vielen Male mit Anja auf dem Flur auf- und abging. Bis es dann soweit war. So voller Elan, wie Benni nun mal war, so eilig hatte er es auf die Welt zu kommen. Da lag diese winzige Wesen nun in seinem Arm und Jan wusste noch, dass er vor Glück geweint hatte. Und jetzt war er fast so groß wie er, es fehlte nicht mehr viel am Mann. So viele Höhen und Tiefen waren sie durchgangen. Jetzt lag er wieder vor ihm, aber alles in die Arme nehmen würde nichts helfen

Jan war so ins Grübeln vertieft, hatte nicht bemerkt, dass es Nacht geworden war. Erschrocken stellte er nach einem Blick auf die Uhr fest wie spät es schon war, flüsterte Benni zu: "Ich versuche es noch mal mein Großer.
1x ist kein Mal, heißt es doch und du bist wieder so brav wie gestern und machst mir keinen Kummer"
Wieder meldete er sich bei der Schwester ab, die ihm nachrief: "Viel Glück Herr Maybach"

Vor der Klinik rief Jan wie versprochen Leni an. So schnell wie sie am Telefon war, zeigte, dass sie noch nicht geschlafen hatte

Bei dem wenigen Verkehr um diese Zeit war Jan schnell am Ziel. Es bot sich ihm das gleiche Bild wie die Nacht zuvor. Wieder konnte Jan so gut parken, dass er das Tor genau im Auge hatte. An Kaffee hatte er diesmal gedacht. Gestärkt mit einem Becher richtete sich Jan auf eine lange Nacht ein. Monoton reihten sich wieder die Stunden aneinander. Ab und zu die gleichen Geräusche, die Jan schon nachts zuvor vernommen hatte. Sogar der gleiche Hund wurde wieder vom gleichen Herrchen zur gleichen Zeit Gassi geführt. Irgendwann kam auch wieder eine Person vorbei. Aber Jan erkannte, dass es nicht der Spaziergänger von gestern war. Hier joggte wirklich ein Mann um diese Zeit. Da wagte es Jan auch auszusteigen. Geräuschlos drückte er die Autotür zu. Musste sich am Kofferraum festhalten, so steif waren seine Glieder, dass die 1. Schritte ziemlich lahm gingen

In Reichweite vom Wagen, das Tor nicht aus den Augen lassend, ging Jan leise eine ganze Weile umher. Die Nachtluft tat so gut. Ganz anders als der Desinfektionsnebel in der Klinik. Aber es war stressig immer nur die eine Stelle im Visier zu haben
Irgendwann setzte sich Jan wieder ins Auto. Trotz heruntergekurbelten Fenstern, kam er nicht dagegen an, dass ihm doch ab und zu mal die Lider zufielen. Zum Glück war Jan geschult genug um beim leisesten Geräusch wieder hellwach zu sein. Also wieder ein Kaffee. Als der Morgen graute, die Zeit kam, war auch die Thermoflasche leer

Erfüllt von grenzenloser Enttäuschung fuhr Jan zur Klinik zurück, dachte aber: "Es soll doch sowieso nur ein Exempel sein. Warum bin ich dann so enttäuscht als sei mir ein Massenmörder durch die Lappen gegangen?"
"Weil kein Hinweis auch Stillstand für Benni bedeutet. Heißt, dass ich weiter um ihn bangen muss" gab Jan sich selbst die Antwort

So niedergeschlagen wie Jan auf die Station kam, wusste die Schwester sofort Bescheid, fragte erst gar nicht
Bei Benni flüsterte er: "Tja Junge, erfolglose Nacht Nr. 2. Vielleicht spinnt dein Vater ja schon total. Würde ja gerne wissen was du von meiner Aktion hälst, aber du ziehst es ja lieber vor nicht mit mir zu reden. Sollte ein Witz sein Großer, blöder Witz, ich weiß. Aber ich würde dich so gerne mal wieder lachen sehen"

Jetzt schimpfte Jan mit sich selbst: "Übertrage deine negativen Ströme jetzt bloß nicht auch noch auf Benni. Dann sind Komplikationen schon vorprogrammiert. Also umschweifen. Positives muss her"
So erinnerte sich Jan an Bennis 5. Geburtstag. Leider war er ja mit ihm da schon lange allein. Aber dieser Tag musste immer voller Überraschungen sein und viele Freunde wurden eingeladen. Spiele lernte Jan dafür und hatte sogar extra 3 Zaubertricks einstudiert. Die Kinder kamen aus dem Staunen nicht heraus und er glaubte jetzt wieder ihr fröhliches Lachen zu hören

Regelrecht herausgerissen aus seinen Erinnerungen wurde Jan als Leni kam
Jan meinte: "Um deiner Frage zuvorzukommen, die Nachtwache war wieder erfolglos. Kannst ruhig sagen, dass ich mir den Unfug ersparen soll"
"Zuerst mal das" küsste Leni ihn innig, meinte dann: "Es ist kein Unfug wenn du auf jede nur erdenkliche Art versuchst Benni zu helfen. Ob du weitermachen sollst Jan, kann dir allein dein Herz beantworten"
"Du wirst noch die perfekte Psychologin" versuchte Jan zu lächeln
"Wenn man solange mit einem Mann zusammen ist, der ein genauso guter Psychologe wie Kriminalist ist, muss ja was hängen bleiben" grinste Leni verschmitzt

Jan lenkte ab: "Erzähle lieber mal von dir, was gibt es denn Neues?"
"Nichts da, du willst dich nur vor dem Bett drücken, Jan Maybach" gab Leni ihm einen zärtlichen Schubs

Dabei hatte Jan Schlaf so nötig. Auch heute hatte sein Kopf kaum das Kissen berührt, da schlief er schon

Hajo wunderte sich in der Klinik: "Nanu Leni, du bei Benni und Jan nicht da"
"Jan muss sich meinem Beschluss fügen" erklärte Leni ihre Schlafverordnung
Hajo stimmte zu: "Das ist gut, das ist sehr gut. Leider gibt es ja keine Besserung bei Benni, verstehe ich gar nicht
Aber egal wie lange es dauert, fest steht, dass Jan nicht von seiner Seite weicht. Wie fertig er ist möchte ich lieber nicht wissen"
Leni meinte: "Wäre aber trotzdem schön, wenn du noch mal kommst wenn Jan da ist. Bestimmt gut für ihn wenn er Mitfühlende hat, merkt, dass ihr ihn nicht für einen Spinner haltet"
Hajo entgegnete: "Wenn Jan nicht so übersensibel wäre, wüsste er das. Wir, auch Ina und sogar Vince mit eingeschlossen, fühlen doch nicht nur mit ihm, wir bewundern ihn doch auch wegen allem was er für Benni tut"
Leni meinte: "Jan ist nun mal so und daran wird sich nichts ändern. Aber gerade deswegen ist er doch so liebenswert und alle mögen ihn. Er ist überempfindlich aber dafür hat er genug mit Anja und Benni durchgemacht"

Hajo knurrte: "Verdammt, dass der Junge jetzt aber auch so krank werden muss. Glaube, ich wäre schon lange durchgedreht bei der langen Ungewissheit. Ich würde Jan niemals in so einer Situation zum Dienst holen. Aber er fehlt doch sehr"

Als Jan erwachte fühlte er sich wieder erfrischt. Aber irgendwie kam er sich so wackelig auf den Beinen vor, dachte: "Langsam zeigt mir mein Körper das ich mich übernehme. Fast den ganzen Tag in der Klinik, nachts Klinik und Überwachung. Ein paar Stunden Schlaf können das Defizit nicht ausgleichen. Aber jetzt bloß nicht schlapp machen, es geht um deinen Sohn"

Als Jan bei Leni wieder auftauchte dachte sie: "Trotz etwas Schlaf, seine Augenringe werden immer größer und Jan wirkt immer schwächer, sieht furchtbar elend aus"
Erschrocken stieß aber Jan hervor als er Hajo sah: "Du hier, habe ich das Telefon nicht gehört. Hat Leni d i c h rufen müssen, weil etwas mit Benni ist?"
Hajo fragte: "Darf ich nicht mal nach Benni sehen ohne das etwas passiert ist. Wir machen uns schließlich alle Sorgen um ihn, um euch"
Jan antwortete: "Benni ist krank, nicht ich"

Hajo meinte: "Aber du brauchst Beistand Jan. Ist es denn so schlimm, wenn ich dir zeigen will, wie sehr wir mit dir fühlen. Auch die allerbesten Wünsche von Ina und Vince"
Jan fuhr sich übers Gesicht, murmelte verlegen: "Danke dir, danke den beiden. Es tut so gut solche Freunde zu haben. Entschuldige meine anfängliche Heftigkeit. Weiß auch nicht, bin irgendwie total konfus"
Hajo entgegnete: "Was dir keiner übelnimmt Jan. Denn die Ärzte halten dich doch bestimmt mit hohlen Beruhigungsfloskeln hin"
Ruhig erklärte Jan: "Die Ärzte und die Behandlung sind o.k. Die Ungewissheit ist das Schlimmste. Aber daran kann auch die beste Kapazität nichts ändern"
Hajo wusste nur zu gut, dass Jan innerlich überhaupt nicht ruhig war, vertiefte aber das Thema nicht weiter
Dafür flachste er: "Und deine Schlafkapazität ist wohl Leni. Rate dir, dich meiner Tochter nicht zu widersetzen"
Zärtlich umarmte Jan Leni, meinte: "Ich kann ihr nicht genug danken. Stimmt ja, Schlaf muss sein. Bin ja auch danach immer wieder topfit"
Hajo dachte: "Jan du glaubst doch selbst nicht was du sagst, bist weit von topfit entfernt, schon mehr topfertig"
Er schwieg aber lieber

Die Gedanken von Tochter und Vater waren wohl gleich. Aber auch Leni blieb stumm
Jan fragte jetzt: "Was gibt es denn von alten oder neuen Fällen zu berichten?"
"Nichts" war Hajos knappe Antwort
Jan sah ihn erstaunt, total ungläubig an
Hajo brummte: "Ja richtig gehört, nichts. Jedenfalls berichte ich dir nichts. Wenn ich sage, du bist vom Dienst freigestellt bis Benni gesund ist, führe ich in der Klinik doch keine Diskussionen mit dir" ("Obwohl ich deine Ansichten nur zu gerne hören würde") dachte Hajo insgeheim
Soviel Jan auch nachdachte, ihm fiel einfach kein Gesprächsstoff ein. Merkte gar nicht, dass er fast nur noch Benni zugewandt war, sich um ihn bemühte, die Monitore beobachtete
Dafür erkannte es Hajo nur zu gut, verabschiedete sich jetzt
Verlegen krächzte Jan: "Hajo ich muss mich entschuldigen, mein Benehmen ist einfach unmöglich"
Hajo legte ihm die Hand auf die Schulter: "Nein Jan, absolut nicht. Du verhälst dich wie ein verzweifelter Vater der im Ungewissen steckt. Ist vollkommen o.k. Aber vergiss nicht, ich komme jederzeit wenn du mch brauchst"
Jan hauchte: "Weiß ich Hajo, vielen Dank. Grüße bitte Ina und Vince von mir"

Nach einer zärtlichen Verabschiedung folgte auch Leni ihrem Vater
Kaum waren sie draußen, da gab es wieder nur noch Benni für Jan. Verbunden mit dem Asia-Blitz und der immer lauter pochenden Frage: "Habe ich mich da in etwas verrannt. Ist es nur meine Sturheit die mich dahintreibt. Nach etwas zu suchen, was gar nicht existent ist. Spiele ich den Supermann, der böse auf die Nase fällt?"
Jans Gedanken überschlugen sich, sein Puls raste. Aber als die Zeit kam, flüsterte er Benni zu: "Ich muss weitermachen Junge. Kann es doch nicht einfach so hinnehmen, dass du endlos der Gefahr ausgesetzt bist. Ja, es ist der seidene Faden, der jede Sekunde reißen kann. Aber ich halte ihn fest solange es geht"

Als Jan wieder hinter dem Asia-Blitz parkte, war er zerrissener denn je. Es war nicht nur die Gespanntheit, dass jederzeit hier etwas geschehen konnte. Jetzt plagte ihn das furchtbar mulmige Gefühl vollkommen unsinnig zu handeln, für verrückt erklärt zu werden, wenn Andere davon erfuhren
Dachte: "Es ist vollkommen irrsinnig auf etwas zu warten, zu hoffen, nach etwas zu suchen, was noch nicht mal benannt werden kann"
So oft schüttelte Jan den Kopf über sich selbst. Aber er blieb auf seinem Platz. Verhielt sich genauso wie die Nächte zuvor. Auch alles was sich um ihn abspielte war nur Wiederholung

Jan war am Boden zerstört als er zur Klinik zurück fuhr. Musste sich zwingen auf den Verkehr zu konzentrieren, so blank lagen seine Nerven. Dachte: "Wieso jammere ich überhaupt. Wenn man unbedingt mit dem Kopf durch die Wand will, darf man sich nicht wundern wenn man ihn sich einschlägt"

Benni flüsterte er zu: "Wieder eine Schlappe, Großer. Würde mir sogar gefallen lassen, wenn du mich schallend auslachst. Aber du kannst es nicht. Ach Benni, was soll bloß werden?"
Leni schluckte ihr Entsetzen hinunter als sie Jan später so total zusammengefallen sah. Sie fragte nur leise: "Du bist leider wieder nicht weitergekommen?"
Verzweifelt schüttelte Jan den Kopf
Sie nahm ihn in die Arme: "Beim Schlafen vergisst du es ein paar Stunden"
Jan küsste Leni noch, trabte dann mit hängenden Schultern hinaus. Er wirkte wie ein Junge, der ein schlechtes Gewissen wegen eines Streiches hatte

Ja, er sehnte sich so sehr nach seinem Bett. Doch heute konnte er lange nicht einschlafen. Der Asia-Blitz ging ihm nicht aus dem Kopf. Die Frage quälte ihn so sehr, ob es totaler Irrsinn sei was er da machte. Dachte verzweifelt: "Aber was sonst tun. Benni weiter und weiter so liegen lassen. Wo soll das denn bloß enden......."

Irgendwann schlief Jan doch ein. Fühlte sich aber beim Erwachen total gerädert. Sein spontanes Aufspringen scheiterte kläglich. Schwindel ließ ihn zurückfallen. Erschrocken dachte Jan: "Puh, das fehlt noch, dass ich jetzt auch abbaue". Dabei wollte er sich doch besonders beeilen, hatte er doch 1 Stunde länger geschlafen als sonst.
Aber duschen, anziehen, alles ging so lahm. Jan fühlte sich als habe er überall Gewichte anhängen
Er verspürte großen Hunger. Doch vor dem Essen sitzend war aller Appetit weg. Jan zwang sich zu 2,3 Happen, aber mehr ging nicht. Seine Kehle war wie verstopft, er bekam einfach nichts hinunter. Schnell deckte er das Essen ab, stellte es kühl, machte sich auf zur Klinik

Leni sah sofort, dass der Schlaf Jan nicht aufgebaut hatte, schwieg aber. Ausgerechnet heute musste sie auch schnell in die Redaktion. Sie informierte noch Dr. Wend, bat ihn ein Auge auf Jan zu werfen, was dieser zusagte

So von der Rolle wie Jan auch war, hatte er sich doch fest vorgenommen nichts davon auf Benni zu übertragen
Wenn auch nicht eindeutig erwiesen, Jan glaubte daran, dass man auch im Unterbewusstsein etwas spürte. Er holte jetzt wieder Erinnerungen hervor, die er gedanklich stumm mit Benni teilte. Dachte daran, wie er in den Hort
kam. Damals war er ja schon mit ihm allein gewesen. Groß war das Erstaunen bei den Kindern und Müttern, dass Benni von seinem Vater gebracht wurde. Nicht nur am 1. Tag, sie sahen ja immer nur ihn

Die Kinder kapierten es nicht so recht, wenn Benni von den Reisen seiner Mutter erzählte. Ein paar Mütter hatte Jan von seinem Sorgerecht erzählt. Als er aber trotzdem schief angesehen wurde, sie sich wegdrehten wenn er kam, sparte sich Jan weitere Erklärungen. Die Kinder waren da unkomplizierter. Benni war für sie ein Junge wie andere auch, mit dem sie spielten und lachten. Schnell hatte Benni einen Freundeskreis und konnte morgens gar nicht schnell genug in den Hort kommen. In den Stunden konnte Jan ruhig seine Arbeit tun. Benni fühlte sich wohl, war gut behütet unter seines gleichen

Doch je später es wurde, desto mehr meldete sich Jans innere Uhr. Er lehnte sich dagegen auf, sagte sich, für was wieder auf die Lauer legen. Die berühmte Stecknadel im Heu fand man ja auch nie. So sehr er sich aber zusammenzureißen versuchte, sein inneres I c h war stärker. Schließlich flüsterte er Benni zu: "Sei mir bitte, bitte nicht böse. Ich weiß, ich bin ein Idiot, in ein paar Stunden wieder enttäuscht am Boden zerstört. Aber ich k a n n
nicht anders Junge" küsste er Benni auf die Stirn, machte schnell das er raus kam

Noch schneller war Jan vor Ort, getrieben von der Angst er könne es sich anders überlegen. So oft hatte er noch nie den Kopf über sich selbst geschüttelt. Verstand es, verstand es rein gar nicht, etwas zu tun was 100%ig scheitern musste. Gestand sich das alles realistisch ein und verharrte doch wie festgeschweißt im Auto

Jan schlug wieder die Zeit tot mit Kaffee, vor dem Auto entlang gehen, dann wieder schläfrig auf den Sitz gesunken. Diese "Fast-Finsternis" war ermüdend, schlimmer als das schwache Licht in der Klinik. Die Geräusche schon so bekannt, auch die wenigen Vorkommnisse. Fast minutiös sah Jan die Dinge voraus, dachte
sarkastisch: "Jetzt kommt bald Gassi-Herrchen mit Gassi-Hund", was auch wirklich bald geschah. Jetzt wieder auf lange Stille eingestellt, wusste Jan gar nicht mehr wie er seine steifen Glieder noch biegen sollte
Plötzlich erstarrte er
Mit weit aufgerissenen Augen konnte er nicht glauben was sich am Tor jetzt abspielte
Jan zwickte sich wirklich tief und fest. Hatte Angst vor lauter Wunschdenken schon Halluzinationen zu haben
Doch dieser große Container-LKW fuhr wirklich in das inzwischen geöffnete Tor, was sich auch sogleich schloss
Jan flitzte zum Haus, sah empor. Die erste Ebene schaffte er über Mülltonnen. Schwang sich auf ein Vordach, kraxelte weiter zu einem Anbau, krallte sich an den Steinen fest, kletterte so zum Hausdach
Sah, dass der LKW aus Polen kam, die Türen hinten waren weit geöffnet. Inzwischen stiegen 3 Männer aus dem LKW, begrüßten die 3 Männer vom Gelände. Erstaunt erkannte Jan wie jetzt ein Betondeckel mitten im Hof hoch- und weggezogen wurde. 2 Männer stiegen in die Tiefe, ihnen wurden Kisten aus dem LKW gereicht

Jan hatte genug gesehen. Er kletterte jetzt zu einer Ecke, telefonierte.
Im Präsidium fragte er nach wer bei der Lebensmittelkontrolle Bereitschaft habe
Zum Glück war es Ben, den Jan, sofort als er die Nr. hatte, anrief. Er war so schnell am Hörer, wie Beamte die eben in der Bereitschaft immer mit Anrufen rechnen
Jan meldete sich, sprudelte im Flüsterton sofort los: "Ben, hier im Hof vom Asia-Blitz wird gerade ein LKW abgeladen. Die lassen alles im Boden verschwinden"
Irritiert stammelte Ben: "Im Boden? Sag mal Jan bist du besoffen?"
Traurig flüsterte Jan: "Du glaubst mir nicht. Dann lege ich besser wieder auf"
Ben schrie: "Nein nicht Jan, warte. Aber du um diese Zeit und dann sprichst du von im Hof versenken"
Jan flüsterte: "Ich weiß selbst wie bescheuert das klingt, mache dir Fotos, vielleicht glaubst du es ja morgen"
Zerknirscht meinte Ben: "Jan bitte noch mal auf Anfang. Jetzt bin ich klar. Also was läuft da genau ab?"
Jan schilderte es ihm noch mal alles genau
Ben schrie aufgeregt: "Jan unternimm nichts, unternimm bloß nichts. Du rührst dich nicht von der Stelle. Spiele nicht den Helden. Die haben dich schneller abgeschossen als du bis 3 zählen kannst"

"Ben ich..." versuchte Jan seinen Redeschwall zu stoppen, vergeblich
Ben schrie aufgeregt weiter: "Jan die haben dich ganz schnell mit Blei vollgespickt. Die versenken dich dann irgendwo. Du kannst da nicht vorpirschen. Denke an Benni, er braucht dich. Hast du mich verstanden?"
Jetzt flüsterte Jan ruhig: "Ich habe weder eine Waffe noch meine Marke dabei. Bin doch kein Selbstmörder. Was glaubst du warum ich dich aus dem Bett werfe?"
Aufgeregt kam es von Ben: "O.k., o.k. Jan, habs kapiert. Hast recht, bin ein Idiot sowas von dir zu denken. Ich trommele jetzt meine Jungs zusammen, müssten in einer halben Stunde da sein. Hoffentlich sind sie dann noch da"
Jan hauchte: "Also wenn der LKW voll ist...."
Ben unterbrach ihn: "Bleib dran Jan. Ich rüste auf der anderen Leitung alles für den Einsatz"
Eine Weile blieb es tot in der Leitung. Jan beobachtete das Treiben auf dem Hof
Dann meldete sich Ben wieder: "Bin schon im Auto Jan, habe auf Freisprechanlage geschaltet. Soll ich dich anrufen bevor die Leitung kippt?"
Jan wehrte ab: "Bloß nicht. Die könnten mich durch den Klingelton entdecken. Mein Handy ist o.k. Hatte schon bis ins Ausland klare Verbindung"

Ben entgegnete: "Gut Jan, aber die Verbindung bleibt bestehen. Berichte mal"
Jan flüsterte: "Wenn der LKW voll ist und alles für den Asia-Blitz, laden die noch eine ganze Weile aus. Kann nicht ins Innere sehen. Es wird kistenweise ausgeladen. Geht alles in die Öffnung im Hofboden. Die brauchen immer einige Zeit bis sie wieder erscheinen, als gebe es lange unterirdische Gänge"
Ben meinte: "Das wird ja immer mysteriöser. Bin mächtig gespannt auf was wir da stoßen. Jan die Verbindung bleibt, auch wenn ich mal nicht rede. Gebe dir zwischendurch meine Standorte durch und du meldest dich wenn sich was Besonderes tut"
"Alles klar" flüsterte Jan
Bens Stimme war verstummt. Aber Fahr- und sonstige Nachtgeräusche hörte Jan doch, während er weiter das Treiben auf dem Hof verfolgte. Es wurde noch immer ausgeladen und verstaut

Ben meldete sich wieder: "Jan hörst du mich?"
"Ja" flüsterte Jan
Ben erklärte: "Fahre jetzt auf die ....Straße, Udo hängt dran mit 3 weiteren Kollegen. Mit Dieter und seinem Trupp sind wir dann 9 Mann. Auf die werden wir erst kurz vorm Ziel treffen. Hat sich vor Ort was getan?"
Jan krächzte: "Laden immer noch aus. Zu blöd, habe nicht mitgezählt die wievielte Kiste das ist"
Ben beruhigte: "Mach dir keinen Kopf Jan. Wir durchstöbern alles bis zum letzten Winkel"
Wieder war es still. Jan beobachtete weiter. Obwohl er schon solange und wie die Tage zuvor in die Dunkelheit spähte, war er hellwach. Hier tat sich was, lag vielleicht der Schlüssel für Bennis Vergiftung
"Jan wir sind komplett in der ....Straße" meldete Ben
Jan entgegnete flüsternd: "Dann seid ihr gleich da. Steige jetzt vom Dach"
Das machte er auch. Ein letzter Sprung vom Anbau, dann stand er auf der Straße. Nur wenige Minuten später erkannte er die Autos der Kollegen am Straßenanfang. Jan winkte ihnen. War unauffällig. Wegen der hohen Mauer bekamen die auf dem Hof nichts davon mit
Jan lief zu Ben ans Auto, flüsterte: "Da hinter der Mauer spielt sich alles ab"

Ben flüsterte zurück: "Alles klar Jan, wir stürmen und du bleibst in sicherer Deckung"
Jan fragte leise: "Du hast sicher noch eine Waffe übrig, dann kann ich euch helfen"
Leise, aber energisch befahl Ben: "Du bleibst in Deckung Jan und zwar solange bis ich dir ein Zeichen gebe. Du kannst das auch, dass weiß ich.Aber ohne Anzug und Schutzweste bist du die beste Zielscheibe. Ich möchte kein Kollegenopfer beklagen und am allerwenigsten dich. Hast du verstanden?"
"O.k., o.k. halte mich zurück" versprach Jan leise, ging zu einer geschützten Stelle, von der aber doch alles mitbekam
Sofort rammten die Kollegen das Tor auf, rannten mit gezogenen Waffen auf die Kerle zu. Die Polen schossen sofort. Jan zuckte bei den Schüssen zusammen. So laut wie es klang, mussten es sehr großkalibrige Waffen sein. Auch die anderen Männer griffen nach ihren Waffen, schossen auch das ein und andere Mal. Aber die Beamten hatten das schon unzählige Male gemacht. Jeder Schritt war abgestimmt, jede Kugel zielte. So blitzartig wie es begonnen, so schnell war die Aktion vorbei

Die Kerle waren überrumpelt. Der Polizeibus fuhr in den Hof und bald wieder mit den Festgenommen hinaus. Bei einigen war wegen Verwundungen Eile geboten
Ben hatte sich inzwischen den LKW von innen angeschaut und kletterte jetzt in das Loch im Hofboden
Als Jan erkannte, dass die Gefahr vorbei war kam er heran
Ben kam aus dem Loch heraus, jubilierte: "Volltreffer Jan. Es wurden Unmengen Lebensmittel gebracht. Das werden wir jetzt unter die Lupe nehmen. Für mich sieht das aber nach einer Kette von Verbrechen aus, Zoll, Steuer und wer weiß auf was wir noch alles stoßen. Kann aber jetzt schon sagen, dass wir da einen Goldfisch geangelt haben. Aber jetzt sage du mir mal warum du hier nachts auf Beobachtungsposten lauerst?"
Verlegen erklärte Jan: "Ben, bitte glaube mir, ich zweifele kein bisschen an deiner Kompetenz. Wollte dir auch bestimmt nicht ins Handwerk pfuschen. Ihr seid alle fähige, tolle Leute und keineswegs faul"
Ben meinte: "Das hätte ich dir auch nie unterstellt Jan, dass du uns für schlechte Kollegen hälst, beantwortet aber meine Frage nicht"
Jan stammelte stockend: "Du sagtest doch selbst der Asia-Blitz ist nicht ganz koscher, ihr schon öfters kontrollieren musstet. Na ja und da dachte ich, wollte ich, meinte ich...Es war doch wegen, wegen....."

Ben fiel Jan ins Wort: "Es war wegen deinem Sohn. Mensch Jan, kannst doch deine Sorge aussprechen, brauchst dich doch nicht zu schämen. Tut uns doch allen leid, dass es deinem Jungen nicht gut geht. Du bist mir vielleicht ein Übervater, wenn du dir die Nächte um die Ohren haust wegen verdächtigen Lokalitäten. Wie lange machst du das denn schon?"
"War die 4. Nacht" gestand Jan
Ben klopfte ihm auf die Schulter: "Gratuliere Jan, nach so kurzer Zeit schon ins Schwarze getroffen. Jetzt wird dein Sohn ganz schnell gesund"
Jan wehrte ab: "Ist doch noch alles offen"
Ben erregte sich: "Das sieht doch ein Blinder Jan, dass hier was oberfaul ist. Eine normale Lebensmittellieferung kommt nicht mitten in der Nacht mit bewaffneten Fahrern"
Jan erklärte: "Muss trotzdem nicht bedeuten, dass der Auslöser für Bennis Vergiftung gefunden hier wird"
Ben sah ihn erstaunt an: "Respekt Jan, trotz deiner Verzweiflung bist du immer noch Realist. Aber wenn du so zweifelst, warum hast du die Aktion überhaupt durchgezogen?"