Aus der Lebensbahn geworfen

Wolle beschwichtigte: „Jan es ist zu viel geschehen……
Verständlich, dass Kai noch allgegenwärtig für dich ist
Hoffte ja immer dich mal bei mir zu sehen“
Jan flüsterte er: „Dachte auch oft daran zu dir zu kommen
Glaube aber nicht, dass du Therapien für getrennte Zwillinge, den spät gefundenen Bruder,
einen bekloppten Panzer-Vater und weiterer unzähliger Probleme anbietest“
Wolle meinte: „Nein, solche Therapien biete ich wirklich nicht an…..aber weißt du Jan
Alle machen sich Sorgen um dich…..
Hajo rennt mir die Tür ein, nachdem du deine wohlmögliche Dienstquittierung erklärt hast
Einleuchtend Jan, dass du dein Leben nach dieser Ungeheuerlichkeit auf den Kopf gestellt siehst
Biete mich nicht als der große Wunderheiler an….
Nein, bestimmt nicht Jan….bin selbst ratlos
Manchmal hilft ja reden…..und gerade wir 2 Psychologen…“
Jan wehrte heftig ab: „Wolle, du sollst mir nicht immer Titel verleihen, die mir nicht zustehen.
Ich bin kein Psychologe“
Wolle lenkte schnell um: „O.k. Jan, meine reden wie gute Freunde, wie 2 die sich absolut vertrauen“
Jan flüsterte: „Sicher vertraue ich dir, sehr sogar…..aber weißt du…
Kann mir diesmal nur schlecht ein vernünftiges Gespräch vorstellen
In mir herrscht Chaos, ich bin Chaos, was soll positives dabei herauskommen wenn ich es laut ausspreche?“

Vorsichtig fragte Wolle: „Darf ich dir dann Fragen stellen Jan?“
Jan nickte: „Darfst du…..aber wundere dich nicht über bekloppte Antworten“
Wolle begann: „Kai belastet dich…..belastet dich sogar sehr Jan....
Überhaupt nicht bekloppt sondern das psychische Nachspiel nach so einem unfassbaren, unvergleichlichem, schockierenden Erlebnis
Doch jetzt ist er weit weg in Brasilien
Das musst du erst begreifen Jan, klar, dauert seine Zeit
Trotzdem klingst du, als könntest du Kai nie mehr abschütteln
Falls ich richtig liege Jan…….kannst du......
Kannst du erklären wodurch sich die Angst vor deinem Bruder so in dir festgefressen hat?“
„Wodurch?“ sinnierte Jan „Kai ist schon so lange auf der schiefen Bahn
Fährt gut damit, brennt es, löscht ja unser Alter das Feuer
Er ist mein Bruder, doch ich bin mir sicher, dass er sich nie mehr ändert.
Skrupel hat Kai nicht, lässt ihn kalt, dass Wenz & Co mich an seiner Stelle bearbeiteten
Unvorstellbar, doch er wollte wirklich, dass ich für seine Tat ins Gefängnis gehe
Unterstützt von meinem Alten, dass schnürt mir restlos die Luft ab
Mir ein Rätsel, doch er kennt mein bisheriges Leben sehr, sehr gut……
Kam sehr deutlich rüber wie gern er sich darin breit machen würde
Seitdem verfolgt er mich wie ein drohender Schatten, immer auf der Lauer mir eins auszuwischen
Kai wusste von mir. Warum auch immer, er lag oft auf der Lauer"

"Mir schaudert, wenn ich daran denke heimlich beobachtet worden zu sein
Wolle…..allein der Blick in den Spiegel reicht und Kai ist greifbar
Brasilien…..beruhigt mich nicht….
Ein paar Flugstunden und Kai ist wieder hier
Treibt weiter dieses böse Spiel mit mir weil er ein Sadist ist
Vielleicht will er den Triumph genießen mich in den Wahnsinn zu treiben
Könnte auch in der Absicht zurückkehren mir restlos das Genick zu brechen.
Wer weiß, gar mit einem Mord, für den ich verurteilt werde
Genügt 1 Augenzeuge und ich bin für den Rest meines Lebens hinter Gitter eingesperrt
Wolle.......überlege doch mal......
Wir sind 42 Jahre alt und jetzt kassiert er ausgerechnet in der Stadt wo ich lebe 2,4 Mio ab
Kai muss doch damit ein Ziel verfolgen........
Wohl das Ziel mich zu vernichten......!!!!!
Keine Ahnung warum, habe ihm nichts getan
Konnte ihm nichts tun, wusste ja nichts von ihm
Möglich, dass er jetzt in die Jahre gekommen, eine Absicherung braucht um seinen Kopf nach einem Delikt aus der Schlinge zu ziehen.
Ein Zwillingsbruder, dem man alles anhängt ist doch da die beste Versicherung
Kais hat unzählige Wege mich fertig zu machen
Bin lieber still…..sonst steckst du mich sofort in die Irrenanstalt….“

Wolle rief: „Sowas will ich nie wieder von dir hören Jan
Glaube mir, ich habe vollstes Verständnis für alles was du sagst
Keiner kann sich in deine Lage versetzen Jan, nichts nachempfinden
Selbst ich kann dir zu nichts raten.
Denn wie schon gesagt, die Realität ist so unfassbar, dass man es nicht wahrhaben will
Nur du bist nun mal leider der Betroffene
Aber ich will es nicht zulassen, dass du dich verkriechst Jan
Überlege mal wie jung du noch bist
Aus Angst vor Kai kannst du dich nicht für den Rest deines Lebens verstecken“
Jan flüsterte: „Ich verstecke mich nicht Wolle
Was nötig ist erledige ich, auch mal hier ein Besuch, da ein Termin
Gerade so ein kleines Kind wie unser Goldschatz ist der stärkste Antrieb
Die Kleinen müssen viel an die frische Luft.
Also mache ich lange, ausgiebige Spaziergänge mit unserem Sonnenschein
Nur leider……leider wühlt dann all das was ich dir nannte noch heftiger in mir
In letzter Zeit überkommt mich so oft der Gedanke, dass sich Kais Gene bei mir durchsetzen
Bin in Schweiß gebadet wenn ich mir vorstelle auch so fies und kaltblütig Verbrechen zu verüben wie er“

Entsetzt rief Wolle: „Jan jetzt höre aber auf, Schluss damit....sofort...!!!
Besinn dich mal wieder auf dein Wissen
Auch Zwillinge können im Wesen grundverschieden sein
Das bist du Jan. Hier der Schlechte, der Verbrecher Kai
Aber du hast dich für den guten Weg entschieden Jan, schon vor langer Zeit
Schon vergessen,......... du bist Polizist..!!!
Kai wandelt sich wohl nicht mehr, du aber auch nicht Jan
Nur weil du jetzt von seiner Existenz weißt, er aufgetaucht ist, ändert sich doch nicht automatisch euer/dein Wesen
Das Alter habt ihr lange überschritten Jan….und das weißt du auch“
Jan raunte: „Du hast ja recht........
Aber bei mir, in mir, mit mir, ist doch nichts mehr normal
Mir ist, als ginge ständig eine Lawine in mir nieder
Eine Gerölllawine und mit jedem Stein der hinab rollt bröckelt ein Teil meines Lebens von mir ab
Beschimpfe mich in einer Tour durch geknallt, bekloppt, ein Idiot zu sein
Will das es aufhört, ich zur Ruhe komme, vernünftig werde
Am liebsten möchte ich mich an dich klammern und flehen: Hilf mir Wolle,......
Hilf mir aus diesem Irrgarten heraus, mache wieder den Alten aus mir…..aber sowas.....
Sowas steht leider in keinem psychologischen Lehrbuch“

Wolle stöhnte: „Ach Jan,....... da hast du leider recht
Dein Problem ist so….so….......
Sorry... fällt mir keine Psychologen-Weisheit dazu ein
Möchte dir aber sagen, dass dein Verhalten im jetzigen Stadium durchaus noch verständlich ist
Das sage ich jetzt wirklich nicht um einem Freund Honig um den Bart zu schmieren
Nein bestimmt nicht Jan, musst du mir glauben
Aber mache dir bitte mal klar, dass diese grotesken Geschehnisse noch gar nicht lange her sind
Du bist doch noch in der Vergessens-Spase Jan.
Ich bin überzeugt, dass du das Chaos in dir in absehbarer Zeit überwindest, denn du hast einen sehr starken Willen
Nein,... besser gesagt eine ganz besondere Psyche, die dich immer wieder aufrichtet, dir den richtigen Weg weist“
Stumm saß Jan da, tief in sich versunken, den Blick abwesend ins Leere gerichtet
Nach geraumer Zeit fragte Wolle vorsichtig: „Du glaubst mir nicht Jan…..
Du denkst ich versuche dich mit irgendwelchen Floskeln zu beruhigen“
Jan wisperte: „Ach Wolle, du hast mich noch nie belogen
Aber mein starker Wille, besondere Psyche, wie du sagst, die melden sich nicht, scheinen verstummt
Doch möglich, dass sich meine Stärken von mir verabschiedet haben“

Wolle meinte: „Das glaube ich nicht Jan und wiederhole noch mal….ist alles noch zu frisch
Habe Geduld, lasse dir Zeit, ich glaube an dich, baue darauf, dass du bald wieder der Alte bist
Deshalb halte ich es auch für verfrüht jetzt schon an Dienstquittierung zu denken.
Du befürchtest doch nicht wirklich all das was du zu Hajo gesagt hast, Jan
Also von wegen Spott.
Das man dich verhöhnt: Ei wer kommt denn da, Jan oder Kai…..Kai oder Jan
Jetzt über dich lacht, den Zwilling, das Doppel, Spiegelbild
Die Kollegen dich nicht mehr für voll nehmen
Ach ja, am schlimmsten, dass du dich als Häftling gebrandmarkt fühlst
Jan muss ich dich mal kräftig durchschütteln
Den Beruf an den Nagel hängen, ausgerechnet du, der geborene Polizist
Verrätst du mir, in welche Branche du einsteigst
Auf der faulen Haut zu liegen ist ja nicht deine Art“
Verzweifelt krächzte Jan: „Wolle merkst du denn nicht, dass ich wirklich schon total irr bin, reif für die Anstalt.
Ich habe Familie, muss Geld verdienen.
Aber ja…..will den Dienst quittieren, weil mich all die Ängste quälen
Dabei weiß ich genau, dass ich zu einem tollen Team gehöre
Überhaupt alle Kollegen vom Präsidium klasse Kerle sind
Möchte fast sagen, alle Polizisten behandeln mich freundschaftlich"

"Kein Einziger wird über mich lachen, spotten, verhöhnen oder mich nicht mehr für voll nehmen
Da fallen auch keine Anspielungen auf die Zeit im Gefängnis, die glaubten immer an meine Unschuld
Auch wegen diesen Vorstellungen beschimpfe ich mich auf das Übelste
Leider bilde ich mir aber genauso schnell wieder ein doch nur noch als Witzfigur behandelt zu werden.
Allerdings die Haft, die lässt mich nicht los
Fühle wirklich oft noch so, als erdrücke mich die Enge der Zelle in diesem Moment tatsächlich“
Wolle bedauerte: „Befürchte, dass wird dich noch lange, wenn nicht gar für immer belasten Jan
Das hätte nie, niemals passieren dürfen
Ein Unschuldiger darf einfach nicht hinter Gitter eingesperrt werden
Aber das Andere. Fazit: Die Angst verspottet zu werden frisst dich auf
Du bist aber überzeugt, dass es nicht dazu kommen wird.
Auch wenn es in keinem Lehrbuch steht Jan, möchte dir trotzdem einen freundschaftlichen psychologischen Rat geben..."

"Mein Rat bezieht sich jetzt nicht auf deine Verwirrung wegen Kai
Da stehe ich leider noch immer recht hilflos vor dir Jan
Bin aber fast überzeugt, dass du mit der Zeit wieder Ruhe vor Kai bekommst
Dem KOK rate ich, springe ins kalte Wasser Jan und schwimme dich darin, will sagen, im aktiven Dienst wieder frei
Vertraue darauf, dass du Polizist bist, von Berufs wegen schon mutig sein musst
Ich bin mir 100%ig sicher, dass du auch den Mut hast dich den Kollegen-Peinlichkeiten zu stellen
Du weißt ohnehin, dass die Ängste nur in deiner Über-Sensibilität existieren.
Bin ich dir jetzt zu nahe getreten Jan, habe ich dich beleidigt?“
„Aber nein Wolle, du meinst es doch nur gut
Nur ich….ich fühle mich unfähiger wie ein kleiner Junge“ flüsterte Jan
Wolle riet: „Ich möchte auch nicht mehr, als das du dir alle „Weisheiten“ von mir noch mal ganz ruhig durch den Kopf gehen lässt Jan
Würde mich freuen, wenn ich dich ganz zwanglos wieder besuchen dürfte“
„Bist immer willkommen Wolle, jederzeit“ versicherte ihm Jan zur Verabschiedung

Hallo Walli, wollte mich wiedermal melden und dir sagen das ich noch immer dran bin an deiner langen Geschichte und jeden Tag gespannt bin was du mit dem armen Jan noch so alles vor hast. Aber ich glaube ganz langsam gerät sein Leben wieder in "normale" Bahnen. Ich glaube wenn ich nach über 40 Jahren erfahren würde das ich eine Zwillingsschwester habe dann würde mein Leben auch erstmal gehörig aus den Fugen geraten. Naja und Jan und Kai können ja auch nicht unterschiedlicher sein. Armer Jan
Schönes Wochenende Walli und danke das du immer so fleißig und viel schreibst. L.G. Kathy

Hallo Kathy,

freue mich über jede Meldung. Dann weiß ich, dass ich nicht nur für mich schreibe. Danke auch für dein Lob
Dann lasse dich mal überraschen, ob Jan bald wieder in sein "normales Leben" findet. Wünsche dir noch einen schönen Sonntag
Liebe Grüße Walli


Wie vereinbart erstattete Wolle dem Team Bericht über seinen Besuch bei Jan
Er stöhnte: „Ich bin noch immer fix und fertig
Jan ist in einer Verfassung….ich hätte heulen können - Mein Eindruck….völlig überflüssig
Jan beschreibt sich mit harten Worten genauso wie er wirklich ist:
Ratlos, verwirrt, hilflos, zerfressen von Angst, gepeinigt von schlimmsten Vorstellungen
Jan grübelt, sucht, überlegt ständig nach einem Ausweg
Wolle erzählte jetzt ausführlich von dem Gespräch
Hajo meinte: „Dann habe ich also nicht übertrieben
Du, als „Fachmann“, bist genauso entsetzt“
Wolle bestätigte: „Oh ja das bin ich - Viel schlimmer aber, dass ich wirklich nicht weiß wie ich Jan helfen soll
Er selbst befürchtet bald durchzudrehen und ehrlich gesagt……ich auch
Lange hält Jan das nicht mehr aus…..dann verliert er wirklich den Verstand“

Tom fragte: „Könnte Jan denn nicht sowas wie eine Kur helfen?
Tapetenwechsel, verbunden mit sehr viel Ruhe, unterstützt von fachmännischem Personal
Psychologen, Neurologen und Therapeuten die auf Extremfälle spezialisiert sind“
Wolle entgegnete: „Dachte zwar auch schon daran, aber 2 entscheidende Dinge sprechen dagegen
Jan trennt sich nicht wieder von seiner Familie und von seinem Goldschatz schon gar nicht
Außerdem sind meines Wissens diese Häuser alle geschlossen und..... nein…nein.....
Nein,......dass können wir Jan nicht antun.
Innerhalb des Hauses wird er sich vorkommen wie im Trakt vom Gefängnis.
Den Garten vergleicht er mit dem Hofgang während der Haft.
So ein Aufenthalt hilft Jan nicht, er verschlimmert wahrscheinlich alles“
Hajo grollte: „Kannst du uns nicht mal positives sagen, etwas was aufbaut….?“
Hilflos zog Wolle die Schultern hoch
Tom krächzte: „Wie hoch schätzen Sie denn die Chance, dass Jan sich wieder fängt?
Glauben Sie, er sitzt je wieder an seinem Platz?“
Wolle entgegnete: „Ich rechne nicht in Zahlen, Prozentwerten, usw.
Aber ich weiß, dass Jan sehr stark sein kann, nicht nur körperlich
Dazu zählt auch sein ausgeprägter Wille und normalerweise eine noch härtere Psyche
Darauf versuche ich zu bauen…..nur
Nur ob es Jan auch diesmal hilft wieder auf die Beine zu kommen……..???“

Hajo raunte: “Verstehe ich doch richtig, du lässt den Ausgang völlig offen
Jan sitzt vielleicht in 3 Tagen schon wieder an seinem Platz oder……oder
Er scheidet völlig aus dem Polizeidienst aus…..?
Wolle nickte nur ganz fest


Jan verbarg seine Schwierigkeiten vor der Familie nicht
Er versuchte sich auch erst gar nicht zu verstellen
Wozu auch, Offenheit und Ehrlichkeit standen ganz oben
Jan sagte sich, dass alles Andere albern sei, er lebte ja mit seinen Lieben unter einem Dach
Sie erlebten ihn, kannten ihn ganz genau und gerade sie waren es die mit ihm auskommen mussten
Manchmal saßen sie beieinander und beredeten ganz ruhig Jans Probleme
Ihre Vorschläge nahm er sich sehr zu Herzen, grübelte über jeden einzelnen lange nach
Nur was Kai betraf, da wusste auch die Familie keine Lösung
Er war nun mal aus dem Nichts aufgetaucht, brachte viel Unheil, was jetzt noch an Jan zerrte
Doch genau wie er, wusste Jeder, dass er seinen Zwillingsbruder nicht mehr auslöschen könnte
Sie fühlten mit Jan, wie nervenaufreibend die Ungewissheit wegen Kai und der eventuellen krummen Dinger die er noch abzog für ihn war
Doch egal wie viel darüber auch sinniert wurde, die Wahrheit ließ sich auf keinen Fall vorhersehen
Weder Leni, Benni und erst recht Margot nicht, zwangen Jan zu irgendetwas, drängten ihn auch in keiner Weise.

Seine Lieben „berieten“ Jan quasi und immer lautete ihr Rat zur Arbeitsaufnahme „Pro“ Dienstantritt
Wenn nur nicht diese furchtbare Blockade in Jan geherrscht hätte
Die Angst vor Spott, blöden Witzen, nicht mehr für voll genommen zu werden zermürbte Jan
Wegen seinem Verbrecher-Zwilling verdächtigt, verglichen, verwechselt zu werden, ließ ihn immer noch erzittern.
Bei der Vorstellung mit Schimpf und Schande aus dem Polizeidienst zu fliegen, weil man ihn mit Fiesling Kai auf eine Stufe stellte, wurde Jan schwarz vor Augen
Die Angst durchzudrehen wurde stärker
Jan befürchtete immer mehr seinen Verstand zu verlieren
Er hämmerte sich geradezu ein jetzt ganz schnell einen Ausweg aus diesem Dilemma finden
Sein vergebliches Grübeln versetzte Jan noch in größeres Entsetzen
Die absolute Hilflosigkeit trieb ihm die Tränen in die Augen
Oft nahm Jan dann Dana auf den Arm, drückte sie zärtlich an sich, flüsterte ihr leise zu:
„Ach mein kleiner Schatz, wie gut, dass du noch nichts ahnst von den Problemen des Lebens
Solange ich kann möchte ich dich beschützen.
Hoffentlich ist deine Zukunft nur von wenigen Hindernissen gespickt“
Manchmal schrie es auch in Jan: „Nichts wie raus, den Kopf von frischen Wind durchpusten lassen“
Mit Dana im Kinderwagen machte er dann lange Ausflüge
Den Wagen vor sich herschiebend grübelte er Stunde um Stunde
Irgendwie machte sich die Kleine immer bemerkbar als wolle sie fordern:
„Hallo Papa….ich bin auch noch da………Schenke mir gefälligst mal deine Aufmerksamkeit“

Sofort widmete Jan seine ganze Aufmerksamtkeit dem kleinen Sonnenschein
Sie war das Kostbarste und Wichtigste in seinem Leben
Alles Andere musste da in den Hintergrund treten
Also kehrte Jan so ratlos wie er weggefahren war von seinem langen Spaziergang wieder zurück

Jans Zerrissenheit schadete nicht nur seiner Psyche
Immer deutlicher zeichnete sich das auch auf seinem Gesicht ab
Zu allem Übel verlor er jetzt auch noch rasend schnell an Gewicht

Bis zu dem Tag wo Jan sich sagte: „Schluss mit der Feigheit
Die schlimmen, wohl eingebildeten Vorstellungen, was dich im Dienst erwartet hast du auch in 5 Jahren noch nicht überwunden
Du wirst dich jetzt den Problemen stellen........
Musst abwarten wie heftig das Höllenfeuer im Präsidium lodert
Bevor du in der Hitze verbrennst, kannst du immer noch den Rückzug antreten…die Flucht….Flucht in, in…
In eine völlig neue berufliche Zukunft….von der du jetzt noch keinen Schimmer hast

Jan informierte nur Hajo über seinen geplanten Dienstantritt.
Großen Wirbel um seine Person zu machen war ja nicht sein Ding

An dem entscheidenden Morgen ging es Jan gar nicht gut
Natürlich machte ihm auch gerade jetzt sein Magen wieder Probleme
Ängstlich, aufgeregt fuhr er zum Präsidium
Unentwegt hörte er ein leise Stimme rufen: „Umkehren, musst umkehren…..bevor dich das große Fiasko überrollt
Jan kehrte nicht um, parkte bald vor dem Präsidium
Aufgeregt hetzte sein Blick umher, zögernd setzt er sich in Bewegung
Erschreckt fuhr Jan zusammen, als die 1. Kollegen riefen: „Hallo Jan…wieder gesund…schön dich zu sehen“
Solche Begrüßungen hatte es schon oft gegeben.
Doch diesmal wartete Jan angespannt auf den Spott den die Kollegen gleich hinterherjagten
Die Polizisten stiegen aber sofort in ihre Autos
Trotzdem bildete sich Jan ein sie tuschelten über ihn
Auch aus der Pforte erklang eine freundliche Begrüßung, winkte man ihm kurz zu
Jan verwirrte das so sehr, dass er nicht mal darauf reagieren konnte
Dafür blickte er sich ängstlich um, überzeugte sich, dass ihm Keiner folgte
Auf dem Flur wurde Jan von anderen Kollegen genauso herzlich begrüßt wie schon auf dem Parkplatz
Er selbst brachte aber nur ein gekrächztes „Hallo“ heraus
Als ein Kollege Jan jetzt freundschaftlich auf die Schulter klopfte, entzog er sich dem „Angriff“ schnell durch Flucht
Schnell hetzte er über den Flur, hätte sich am liebsten unsichtbar gemacht
Jan bildete sich ein aus jedem Zimmer genau beobachtet zu werden

Jan hätte sich gerne die Ohren zugehalten.......
Glaubte viele Stimmen zu hören die ihn verhöhnten
Bis Jan zur Bürotür gelangte brach ihm der kalte Schweiß aus
Erschöpft dachte er: „Oh Mann…..noch viel entsetzlicher als ich dachte......….
Bist wirklich sehr nahe am Verfolgungswahn……
Musst du schnell überwinden….sonst.....
Laute Stimmen von Ina und Tom aus dem Büro rissen Jan aus seinen Gedanken
Sein Magen zog sich noch heftiger zusammen, er dachte:
„Super……Platz genau in einen Streit, gerade das was du jetzt überhaupt nicht erträgst“
Ina keifte so heftig, dass sie Jans Eintritt gar nicht bemerkten
Jan meinte: „Stelle fest, ihr habt die Friedenspfeife noch immer nicht geraucht
Glaube kaum, dass ich mich mitten in eurem „Krieg“ wohlfühle
Besteht Hoffnung, dass sich dieses Gezeter bald legt oder soll ich besser gleich wieder gehen….?
Ina rief: „Mit diesem aufgeblasenen Kowalski kann ich nie in Frieden arbeiten Jan
Hoffentlich unterstützt du mich wenigstens, dass er jetzt schnell die Fliege macht“
Jan wehrte ab: „Ein bisschen viel verlangt für den Anfang Ina
Euer Dauergekeife ist das beste Vertreibungsmittel
Angekommen Ina……du signalisierst mir das ich wieder gehen soll“ öffnete Jan wirklich wieder die gerade erst geschlossene Tür

„Jan….Mensch Jan…Alter, lass den Quatsch“ raste Ina auf ihn zu, zog ihn ins Büro
„Ich freue mich doch so, dass du wieder da bist Jan“ umarmte sie ihn
„Oh Mann….endlich…mir fällt ein Stein vom Herzen.
Jetzt sage schon wie geht es dir?
Bist du wieder stark genug für den ganzen Trott hier?
He Jan….du hast doch die Sprache nicht verloren….?“
Jan raunte: „Wenn du mich mal zu Wort kommen lässt würde ich auch antworten“
„Ach Jan….altes Haus…..ist so schön das wir dich wiederhaben….
Alles Andere ergibt sich automatisch…..
Wirst sehen….im Handumdrehen bist du wieder auf 100%“ plapperte Ina weiter
Jetzt kam aber erst mal Hajo dazu
Er umarmte Jan kurz, meinte:
„Ich freue mich Jan, freue mich wirklich…..
Also herzlich willkommen und guten Einstieg“
Der Chef und sein Stellvertreter sahen sich eindringlich an
„Danke Hajo“ hauchte Jan nur tonlos
Mehr Worte waren nicht nötig, dafür kannten sich die 2 schon lange genug

Tom legte seinen Arm jetzt um Jans Schultern, schob ihn zu seinem Tisch
„So….jetzt bin ich aber dran“ meinte er „Weiß aber gar nicht wie man das macht…?
Kennen uns schon eine ganze Weile Jan…..aber als Kollege erlebe ich dich jetzt erst
Was sagt man denn zu so einem alten Hasen…..?
Richte dich wieder ein…..,mache es dir gemütlich…..lasse es langsam angehen Jan“
Jan meinte: „Nicht ganz richtig Kollege….bin nicht zum Ausruhen hier
Muss heißen: „Lies dich mal in die aktuellen Fälle rein
Aber was ist überhaupt mit dir…..fühlst du dich wohl hier oder meint du ich habe dich angelogen?“
Ina mischte sich ein: „Das ist doch ganz egal Jan, lange hält er es mit mir sowieso nicht mehr aus
Dann haut er hoffentlich endlich freiwillig ab“
Jan entgegnete: „Ach Ina…..Willst du Tom nicht erst mal richtig kennenlernen
Zugegeben….manchmal nervt er mit seinem lockeren Mundwerk schon
Aber im Grunde ist er ein ganz lieber Kerl“
Ina keifte: „Dein „lieber Kerl“ nervt ein bisschen zu viel
Der Typ ist kein Kollege, der ist eine Zumutung“
Jan schüttelte nur den Kopf, vertiefte sich lieber in die Akten der aktuellen Fälle
Hajo meinte noch: „Jan…wenn du Fragen hast….weißt ja wo du mich findest
„Ja….danke Hajo….natürlich ja“ stammelte Jan abwesend mit den Augen schon wieder auf dem nächsten Absatz

Nicht lange und Jan wurde abgelenkt
Ina und Tom stritten schon wieder
„Ina hat aber auch eine ganz schön scharfe Zunge“ dachte Jan, wollte sich aber raushalten
Die Berichte waren ihm wichtiger, er wollte schnell wieder auf dem Laufenden sein
Text vor sich, aber ständig Gezeter in den Ohren, Jan gab sich Mühe….
Doch auch wenn er alles 3 x durchlas wusste er noch immer nicht was Sache war
Schließlich meinte er: „Ich fehlte sehr lange….dürfte eigentlich keine großen Töne spucken
Aber so…..nein so habe ich mir meinen Dienstantritt wirklich nicht vorgestellt
Zerstrittene Kollegen…..kann mich nicht erinnern, dass wir je so eine Atmosphäre im Team hatten
Mensch Kollegen, könnt ihr den das Kriegsbeil nicht endlich begraben
Wo ist denn die Harmonie, Freundlichkeit, Fairness von diesem Büro geblieben
Wenn das hier jetzt Dauerzustand bei euch ist, o.k……schlägt euch die Köpfe ein
Glaube aber nicht das ich das lange aushalte…..habe jetzt schon Kopfschmerzen
Gibt bestimmt auch noch ruhigere Arbeitsstellen“
Ina entrüstete sich: „Du gibst also mir die Schuld Jan“

Ruhig meinte Jan: „Schuld so ein Quatsch Ina
Vielleicht liegt es ja an mir…..ich komme in die Jahre….
Aber gerade die letzten Wochen kosteten mich sehr viel Nerven
Will euch auch nicht vorschreiben wie ihr euch zu verhalten habt
Die wenigen Nerven die mir noch geblieben sind möchte ich gerne behalten
Ist doch verständlich wenn ich an eine ruhigere Arbeitsstelle denke
Wer weiß, vielleicht schwimmt mein Nachfolger auf eurer Wellenlänge und beteiligt sich an dem Krach“
„Also Jan das ist doch….ist doch….“ entrüstete sich Ina schon wieder
Tom beschwichtigte: „Wir finden eine Lösung Jan, mein Wort drauf
So schnell entkommst du uns nicht wieder"
Man sah Jan an, dass er an Toms Versprechen zweifelte
Er vertiefte sich aber schon wieder in die Akten
Tom und Ina mussten andere Aufgaben erledigen
Ina verschwand lange im Labor, Tom im Verhörraum
In der Mittagspause spendierte Hajo jedem ein Essen
„Zur Feier des Tages“ nannte er es wegen Jans Dienstantritt
Danach wollte Jan weiter in den Akten lesen, Hajo aber meinte:
„Bevor du eine Brille Jan, komme mit mir in die Pathologie
Sabine hat ein paar Ergebnisse für mich“

Jan ging mit zur Pathologie, benahm sich aber auch jetzt so wie beim Ankommen
Hajo ahnte natürlich nichts von seinen Ängsten

Tom fragte inzwischen: „Ina wir müssen wegen Jan mal in aller Ruhe reden“
„Mit dir muss ich über gar nichts reden“ keifte Ina
Tom ließ sich nicht stoppen: „Was Jan vorhin sagte, von wegen Ruhe und so……
Ina du kennst ihn viel länger als ich…….aber er hat doch recht
Jan lag bis jetzt psychisch am Boden…….wir dachten schon es ist vorbei mit dem Polizisten
Nun will er es endlich packen…….aber wir…..wir empfangen ihn mit unserem Gezeter
Das mit dem Stellungswechsel war keine Drohung von Jan…..empfand es…..es
Ja, ich empfand es als Hilferuf
Jan ist dünnhäutig, empfindlich, noch sensibler….und wir treiben ihn mit Volldampf zum nächsten Nervenzusammenbruch“
Ina rief: „Hör auf mich über Jan zu belehren, ich kenne ihn schon viel, viel länger als du“
Tom entgegnete: „Eben……und warum ist es dann verkehrt wenn ich nach einem Weg suche es Jan in seinem geliebten Team wieder erträglich zu machen“
Ina knurrte: „Gegen die Überlegung selbst sage ich ja nichts…..
Hilferuf…..trifft wohl zu……seine Not stand Jan im Gesicht geschrieben
Aber wenn du meinst, dass ich jetzt zur schnurrenden Kollegen-Katze werde hast du dich geschnitten“
Tom erklärte: „Du kannst mich beschimpfen, kommandieren, zum Teufel jagen so viel du willst
Aber nicht ins Jans Beisein. Müsste doch zu schaffen sein, dass wir uns in seiner Nähe friedlich verhalten........Was meinst du?“

Es dauerte lange bis Ina murmelte: „Das muss ich mir erst mal durch den Kopf gehen lassen“

Zurück von Sabine nahm Hajo Jan mit in sein Büro
Wie früher, besprachen sie die ihnen von Sabine mitgeteilten Erkenntnisse

Als Jan nach Dienstschluss das Büro verließ fühlte er sich sofort wieder „schutzlos“
Wieder hetzte er zum Ausgang, versuchte den Kollegen auf dem Flur auszuweichen
Jan wollte den Spott nicht hören, nicht in ihre höhnisch grinsenden Gesichter schauen
Schweißgebadet sackte er auf den Autositz, schüttelte entsetzt den Kopf über sich:
„Mensch Maybach, den Start hast du dir selbst gründlich vermasselt
Ja du, nur du allein mit allen Einbildungen die du dir zusammenfantasierst
Hoffentlich, hoffentlich tickst du bald wieder richtig“
Jan brauchte seinen Lieben nichts zu erklären, er sah absolut geschafft aus
Leni, Benni und Margot stellten auch keine Fragen….der 1. Tag – Wunder erwartete Keiner
Es drängte Jan zu Dana, lange drückte er sie zärtlich an sich als suche er Schutz an dem kleinen Körper

In der Nacht schlief Jan kaum. Ab 2 Uhr raste er stündlich ins Bad, musste sich übergeben
Das Frühstück erbrach er sofort wieder. Eine hohe Dosis Magentabletten konnten die Dauerschmerzen auch nicht mehr lindern
Jan hielt sich inzwischen schon für den allergrößten Idioten

Jan überlegte ernsthaft ob es nicht besser sei sich lange in der Anstalt einsperren zu lassen
Vielleicht half ihm ja die harte, radikale Behandlung besser, als sich den tatsächlich Gefahren auszusetzen
„Kollegen-Gefahren“ von denen Jan genau wusste, dass er sich alles einbildete
Als er dann aber im Präsidium eintraf wiederholte sich alles wie am Tag zuvor
Jedes „Hallo Jan“ klang für ihn wie beißender Spott.
Hinter jeder Tür hörte Jan sie über sich lästern
Rief da nicht gerade Einer: „He du falsches Doppel, schleicht du dich als KOK hier rein
Sofort raus, den Verbrecher Kai dulden wir hier nicht“
Jans Arme zuckten schon nach oben, er wollte sich die Ohren zuhalten
Besann sich aber noch rechtzeitig
Bei Kollegen, denen Jan jetzt begegnete erging es ihm ähnlich
Er ballte schon die Fäuste, weil sie ihn so unverschämt höhnisch angrinsten…auslachten
Dann fiel Jan ein, dass Peter und Klaus Jeden freundlich anlächelten
Er wusste schon gar nicht mehr wie oft er den Kopf über sich selbst schüttelte
Jan atmete befreit auf als er endlich das Büro betrat
Sein „Irrsinn“ wühlte viel zu sehr in ihm, deshalb bemerkte er auch nicht das veränderte Verhalten von Ina und Tom
Dafür arbeitete Jan sich aber schnell wieder ein. An den Berichten erkannte er bald was Sache war.
Bei den Teambesprechungen erfuhr er weitere Details.

Hajo vertraute Jan. Er enttäuschte ihn auch nicht, führte Verhöre auf seine besonnene Art, wie eh und je schon
Zeugenbefragungen verliefen genauso erfolgreich
Erkundigungen, Ermittlungen, Besprechungen, selbst bei der 1. Verfolgung konnte man sich auf Jan verlassen
Von seiner langen Abwesenheit spürte man kaum noch etwas
Inzwischen erstaunte Jan aber doch das positive Miteinander von Ina und Tom
Es dauerte aber bis er sich dazu äußerte: „Ihr 2 habt euch also doch zusammengerauft
Freut mich, freut mich für uns Alle“
Ina meinte: „Das du auch immer den Psychologen raushängen lassen musst Jan
Um dein Ausscheiden zu verhindern rauche ich die Friedenspfeife und jetzt habe ich den „nettesten“ Kollegen an der Backe“
Jan stammelte: „Wie…..ihr habt das wegen mir gemacht….jetzt bin ich schuld“
Tom beschwichtigte: „Jan beruhige dich…..Zugegeben…so wir planten zunächst um dich festzuhalten.
Aber dann ließ sich Ina von meinem Charme doch noch überzeugen“
„Oh…du…du Angeber“ warf ihm Ina gespielt wütend einen Papierballen an den Kopf
Grinsend tippte Jan weiter an seinem Bericht
Hier im Büro, gemeinsam mit dem Team lief alles bestens, fühlte er sich gut........
.....Aber sonst......!!!!!
Jan zuckte schon zusammen wenn ein Kollege die Tür hereinkam
Angespannt wartete er erst mal darauf mit irgendwelchem Zwillings-Spott überschüttet zu werden
Außerhalb vom Büro fühlte sich Jan wie auf einem Minenfeld, dass er fluchtartig verlassen musste